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Branchenanalyse | Brasilien | Bauwirtschaft

Wachstum der Bauwirtschaft setzt sich 2025 fort, aber langsamer

Das Jahr 2024 war überraschend gut für die brasilianische Bauwirtschaft. Sozialer Wohnungsbau und Tiefbau sorgen auch 2025 für Impulse. Doch steigende Zinsen bremsen Investitionen. (Stand: März 2025)

Von Gloria Rose | São Paulo

Ausblick der Bauwirtschaft in Brasilien 

Bewertung:

 

  • Das soziale Wohnungsbauprogramm MCMV kurbelt den Bau von Häusern für Haushalte mit niedrigem bis mittlerem Einkommen an. 
  • Die Vergabe von Konzessionen an private Betreiber sorgt für Investitionen in die Wasserwirtschaft, den Bau von Autobahnen und weitere Projekte.
  • Der gestiegene Leitzins dürfte sich spätestens ab dem 2. Halbjahr 2025 bremsend auf die Baukonjunktur auswirken.

Anmerkung: Einschätzung der Autorin für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: März 2025

  • Hochbau: Marktlage und Marktentwicklung

    Die Aussichten im Hochbau für 2025 bleiben gut. Doch die wieder steigenden Zinsen dämpfen die Stimmung der Bauunternehmen.

    Trotz hoher Kapitalkosten befindet sich die Bauwirtschaft in einer robusten Verfassung. Für 2025 erwartet der Verband "Câmara Brasileira da Industria da Construção" (CBIC) ein Wachstum von real 2,3 Prozent. Damit wird der Sektor voraussichtlich stärker wachsen als das Bruttoinlandsprodukt (BIP) mit rund 2 Prozent. Noch höher könnte das Wachstum der Bauwirtschaft im Bundesstaat São Paulo ausfallen. Der regionale Bauverband Sinduscon-SP rechnet mit einem Plus von 3 Prozent.

    Schon 2024 wuchs der Sektor schneller als die Wirtschaftsleistung insgesamt. Während das BIP um 2,9 Prozent zulegte, stieg die Wertschöpfung in der Bauwirtschaft um 4,1 Prozent. Auch damals lag das Wachstum in São Paulo mit 4,4 Prozent über dem Landesdurchschnitt.

    Laut einer Umfrage von CBIC von Januar 2025 erwartet der Sektor im 1. Halbjahr 2025 eine positive Entwicklung der Geschäftstätigkeit, Beschäftigung sowie der Nachfrage nach Vorprodukten. Auch die Zahl neuer Projekte soll steigen. Doch das Vertrauen der Bauunternehmer in die Gesamtkonjunktur ist leicht rückläufig. Sie befürchten, dass die steigenden Zinsen die Bauinvestitionen beeinträchtigen. Seit Sommer 2024 hat die Nationalbank den Leitzins von 10,5 auf aktuell 14,25 Prozent angehoben.

    Wo sehen brasilianische Bauunternehmen Herausforderungen im Jahr 2025?

    1. Steigende Zinsen verteuern Immobilienangebote und verknappen die Bausparfinanzierung des "Sistema Brasileiro de Poupança e Empréstimo" (SBPE).
    2. Steigende Inflation trübt die Aussicht auf Zinssenkungen und belastet insbesondere die einkommensschwächeren Haushalte.
    3. Die Baukosten steigen überdurchschnittlich stark, weil Fachkräfte teurer werden.

    Wohnungsbau bleibt auf hohem Niveau

    Der Verband CBIC erwartet, dass sich der Wohnungsbau 2025 auf der Höhe des Rekordniveaus von 2024 halten wird. Diese – angesichts der hohen Zinsen optimistische Prognose – beruht vor allem auf dem Segment des Sozialwohnungsbaus. Impulse kommen von dem Programm MCMV (Minha Casa Minha Vida), das die Regierung Lula Anfang 2023 neu aufgelegt hat, mit im Vergleich zu früher höheren Beihilfen und Förderobergrenzen. Seitdem lohnt sich der soziale Wohnungsbau wieder.

    Dazu kommt die Erwartung, dass auch der Arbeitnehmerfonds FGTS (Fundo de Garantia do Tempo de Serviço) 2025 etwas höhere Mittel für die Finanzierung von Eigenheimen zur Verfügung stellen dürfte. Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2026 sollen 2,5 Millionen Familien Zugang zu begünstigtem Wohneigentum erhalten. Neben MCMV gibt es auch auf Ebene der Bundesstaaten und Kommunen Wohnungsbauprogramme, darunter Casa Paulista des Bundesstaats São Paulo und Pode Entrar der Stadt São Paulo.

    Der Bestand der für Immobilieninvestitionen aufgenommenen Kredite stieg 2024 um 10 Prozent auf 445 Milliarden US-Dollar (US$), gibt der Verband für Immobilienkredite Abecip an. Neu finanziert wurden rund 1,2 Millionen Immobilien über ein Kreditvolumen von 58 Milliarden US$. Zu etwa 60 Prozent handelte es sich um Finanzierungen über den Arbeitnehmerfonds FGTS, der hauptsächlich für den sozialen Wohnungsbau genutzt wird, und zu 40 Prozent um eine Bausparfinanzierung über das SBPE (Sistema Brasileiro de Poupança e Empréstimo).

    Bauprojekte für die obersten Einkommensklassen sind weniger konjunkturabhängig und werden fortwährend nachgefragt. Doch der hohe Leitzins wirkt sich negativ auf die Immobilienfinanzierung über die Bestände auf Sparkonten (SBPE) aus. Diese nehmen in erster Linie Haushalte der Mittel- und gehobenen Mittelschicht in Anspruch. Bei der Baufinanzierung über Sparguthaben (SBPE) rechnet Abecip für 2025 mit einem Rückgang um 15 bis 20 Prozent. Insgesamt könnte das Volumen neuer Kredite um 10 Prozent sinken.

    Brasiliens Immobilienmarkt erzielt 2024 neuen VerkaufsrekordStrukturdaten zum Wohnungsbau (Anzahl in Einheiten, Veränderung in Prozent) *)

    Kennziffer

    2023

    2024

    Veränderung 2024/23

    Angebot neu fertiggestellter Wohnungen

    323.329

    383.483

    18,6

    Verkäufe neu fertiggestellter Wohnungen

    331.359

    400.547

    20,9

    Bestand an neu fertiggestellten Wohnungen zum Jahresende

    316.751

    291.928

    -7,8

    * Erhebung am Wohnungsmarkt von 221 Städten.Quelle: Kammer der Bauindustrie CBIC 2025

    Höhere Preise, kleinere Wohnungen

    Die Immobilienpreise sind 2024 im Schnitt um real 3,1 Prozent gestiegen. Auch 2025 werden reale Preissteigerungen erwartet. Um preisgünstigere Wohnungen anbieten zu können, reduzieren die Konzerne bei Neuprojekten die Grundfläche. Der Trend zu kleineren Wohnungen wird auch durch die Zunahme der Single-Haushalte gestützt.

    Besonders deutlich wird dies in der Metropole São Paulo, dem mit Abstand größten Teilmarkt der brasilianischen Bauwirtschaft. Mehr als 80 Prozent der neuen Apartments sind kleiner als 45 Quadratmeter. Mitte 2023 verabschiedete die Stadt den zentralen Bebauungsplan Plano Diretor Estratégico, der bis 2029 gilt. Mit dem neuen Plan verfestigt sich der Trend zu kleinen Wohnungen in unmittelbarer Nähe öffentlicher Verkehrsverbindungen.

    Positiver Trend im Wirtschaftsbau

    Den Industriebau beleben Modernisierungs- und Neuprojekte. Impulse kommen vom 2024 gestarteten Programm "Nova Indústria Brasil" sowie den Bestrebungen der Regierung um eine Reindustrialisierung, dank der hervorragenden Bedingungen für grüne Energie im Land.

    Die Nachfrage nach Logistikhallen ist 2024 stärker gestiegen als erwartet. Hohe Preise und niedriger Leerstand stoßen neue Projekte an. Im Zuge des E-Commerce-Booms liefern sich große Anbieter wie Shopee und Mercado Livre einen Run auf die immer begrenzteren Flächen für Last-Mile-Lösungen. Mit steigenden Preisen dürfte ein Trend zu mehrstöckigen Logistikimmobilien einsetzen.

    Auch der Bau von Einkaufszentren entwickelt sich positiv. Für 2025 erwartet der Verband Abrasce bis zu zwölf Neueröffnungen. Bis 2030 könnten insgesamt 30 neue Zentren entstehen. Auch der wachsende Tourismus stimuliert die Bauinvestitionen. 

    Dagegen schmälern die hohen Zinsen und steigende Grundstückskosten die Rentabilität im Bürosegment. Die Lage auf dem Markt entspannt sich nur langsam. Der durchschnittliche Leerstand im wichtigsten Markt São Paulo pendelte sich zuletzt auf etwa 20 Prozent ein. Die neue Arbeitswelt und die Gesamtkonjunktur 2025 sprechen für eine eher zurückhaltende Nachfrage.

    Städte fördern Gebäudemodernisierung

    São Paulo will das seit Jahrzehnten vernachlässigte Zentrum der Stadt wiederbeleben. Im Rahmen des Programms Requalifica Centro übernimmt die Stadt bis zu 25 Prozent der Kosten für die Aufhübschung (Retrofit). Bis September 2024 genehmigte São Paulo zwölf Projekte mit insgesamt 1.564 Wohnungen sowie vier Projekte mit rein gewerblicher Nutzung.

    Auch andere Metropolen verstärken ihren Einsatz. Seit 2021 förderte Rio de Janeiro die Sanierung von insgesamt 4.064 Wohnungen über das Programm Reviver. Recife rief das Programm Recentro ins Leben und Salvador Renova Centro. Immer mehr Städte tauschen ihre Erfahrungen im Netzwerk ReDUS aus.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Hochbau: Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

    Höhere Stromkosten und Förderprogramme stimulieren Energieeffizienz in der Bauwirtschaft. CO2-neutrale Gebäude werden zum Thema.

    Ökologische Nachhaltigkeit und Energieeffizienz spielen im brasilianischen Bausektor bislang eine untergeordnete Rolle. Die lokalen Wohnungsbaugesellschaften bauen sehr konservativ. Neue Techniken und Materialien setzen sich nur langsam durch. Zudem ist die Preissensibilität auch bei Haushalten mit mittlerem Einkommen hoch.

    Globale Trends zu energieeffizienten Gebäuden und umweltbewusstem Bauen spiegeln sich noch nicht in der Marktnachfrage wider. Nachhaltige Produkte kommen in der Regel nur im Hochpreissegment zum Einsatz. Beispielsweise bei Projekten internationaler Konzerne, die globale Net-Zero-Ziele verfolgen.

    Energieeffizienz ist bislang keine Priorität, gewinnt aber an Bedeutung

    Gebäude stehen für etwa die Hälfte des brasilianischen Stromverbrauchs: 27,5 Prozent des Verbrauchs entfallen auf Wohngebäude, 16,5 Prozent auf Geschäftsgebäude und 7,4 Prozent auf öffentliche Bauten. Der Staat setzt Anreize für Energieeffizienz durch Zertifizierungen, Vergünstigungen bei Krediten sowie Steuern und Abgaben.

    Steigende Stromkosten führen ebenfalls zu einem allmählichen Umdenken und fördern den Absatz von modernen Klimaanlagen und Automatisierungstechnik. Smart-Home-Technologien stehen allerdings noch am Anfang ihrer Marktdurchdringung.

    Auch bei zertifizierten Gebäuden gibt es Energieeinsparpotenziale, da in der Regel nur die Mindestanforderungen erfüllt werden. Zunehmendes Interesse an effizienten Technologien zeigen die Betreiber von Gewerbeimmobilien und Einkaufszentren.

    Bisher konzentrieren sich die Investitionen vor allem auf energieeffiziente Gebäudetechnik. Das liegt auch daran, dass die Behörden die Anforderungen an Elektrogeräte sowie Klima- und Lüftungstechnik verschärfen, die Gebäudedämmung aber nur wenig regulieren. Angesichts immer öfter auftretender Hitzeperioden und verschärfter Standards könnte die Wärmedämmung in Zukunft an Bedeutung gewinnen. 

    Förderprogramm animiert Dienstleister im Bereich Energieeffizienz

    Der Verband der Energieeffizienzdienstleister Abesco begrüßt das von Präsident Lula im Januar 2025 verabschiedete Förderprogramm zur Beschleunigung der Energiewende PATEN (Programa de Aceleração da Transição Energética). Als besonders wichtig gilt der geplante "Grüne Fonds" (Fundo Verde), den die Entwicklungsbank BNDES verwalten soll.

    Darüber hinaus garantiert PATEN Finanzmittel für das Programa de Eficiência Energética (PEE) der Stromregulierungsbehörde ANEEL, das unter anderem spezielle Kreditlinien zur zinsgünstigen Finanzierung von Energieeffizienzprojekten ermöglicht.

    Auf Energieeinsparung spezialisierte Dienstleistungsunternehmen bieten Energy Performance Contracting (EPC) an. Diese sogenannten "Empresas de Serviços de Conservação de Energia" (ESCO) stellen interessante Vertriebskanäle für deutsche Technologien und Baulösungen dar. Der Branchenverband Abesco zählt rund 90 Dienstleister.

    Zertifizierungen und Förderungen am brasilianischen Markt 

    Büro- und Geschäftsgebäude sowie AAA-Logistikhallen verfügen in Brasilien in der Regel über die LEED-Zertifizierung des U.S. Green Building Council. Daneben gibt es auch brasilianische Zertifikate und Einstufungen.

    Das "Programa Procel Edifica" setzt Standards für die Zertifizierung "Etiqueta Nacional de Conservação de Energia" (ENCE), die die Energieeffizienz von Neubauten in Bezug auf Gebäudehülle, Beleuchtung und Klimatisierung abbildet. Seit 2014 müssen öffentliche Gebäude in allen drei Kategorien Höchstnoten erreichen. Die Zertifizierung ist kostenlos, läuft aber nur sehr schleppend an. Procel Edifica und das Brasilianische Zentrum für Energieeffizienz in Gebäuden (CB3E) haben die Methodik zur Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden überarbeitet und 2022 die neuen Inmetro-Normen INI-C und INI-R veröffentlicht, die ab November 2024 die Grundlage für die ENCE-Zertifizierung bilden.

    Die staatliche Bank Caixa Econômica, die rund zwei Drittel aller Wohnungsbaukredite in Brasilien vergibt, gewährt besonders günstige Kreditlinien für nachhaltige Bauprojekte. Für das bankeigene Zertifikat Selo Casa Azul legte Caixa 2020 neue Standards fest.

    Eine wachsende Zahl von Städten bietet für nachhaltige Gebäude Vergünstigungen bei den Grundsteuern an, die als "IPTU verde" (grüne Grundsteuer) bekannt sind. Dabei legen die Stadtverwaltungen selbst die Kriterien fest. Zu großen Städten mit IPTU verde zählen Rio de Janeiro, Salvador, Manaus, Guarulhos, Curitiba, Florianópolis, Balneário Camboriú, Maringá und Goiânia.

    Erste Schritte zur Dekarbonisierung des Bauwesens 

    Brasilien hat noch keine Politik oder ein Programm zur aktiven Förderung von CO2-neutralen Gebäuden, sogenannten Net-Zero-Gebäuden. Doch im aktuellen Budget 5º PAR 2024/2025 des Programms zur Einsparung elektrischer Energie (Procel) finden sich verschiedene Initiativen, darunter:

    Bis zum 9. Mai 2025 führt Procel eine öffentliche Anhörung für Retrofit-Projekte durch, die öffentliche Gebäude klimaneutral machen. Vier Pilotprojekte werden bereits zu "Near Zero Energy Buildings" umgerüstet. Diese befinden sich in Rio de Janeiro, Brasília, Pelotas und Foz do Iguaçu.

    Weitere Initiativen

    Das Ministerium für Wissenschaft, Technologie und Innovation (MCTI) fördert CO2-neutrale Gebäude. Die größten Herausforderungen für Net-Zero-Gebäude in Brasilien sieht MCTI

    • im Einsatz großer Mengen an Materialien mit hohem Wasser- und Energieverbrauch sowie an Abfällen in den Bauprozessen,
    • in der mangelnden Berücksichtigung der bioklimatischen Bedingungen und 
    • in der ineffizienten Ausstattung und Wartung der Gebäude.

    Laut MCTI-Angaben ist der Bau- und Gebäudesektor in Brasilien für 6 Prozent der landesweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das entspricht etwa 139 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Bis 2029 fördert MCTI Forschung, Technologieentwicklung und Innovation sowie innovative Finanzierungsinstrumente über ein Projekt, das einen Zuschuss von 10 Millionen US-Dollar vom Globalen Umweltfonds GEF erhielt.

    Seit April 2022 stellt das Energieministerium MME die Plattform SIDAC bereit, die die CO2-Emissionen verschiedener Baustoffe erfasst und mit welcher der CO-Fußabdruck von Bauprojekten berechnet werden kann. Brasiliens Hersteller von Baumaterialien investieren in die Dekarbonisierung ihrer Produktion. Von einem beschleunigten Trend zu CO2-Neutralität könnten insbesondere innovative Holzbauweisen profitieren. Die Plattform SIDAC wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) entwickelt. Die GIZ unterstützt die Regierung auch bei dem Programm EEDUS, welches auf Energieeffizienz im Sozialwohnungsbau abzielt.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen

    Energieeffizienz, Bauindustrialisierung und Digitalisierung bieten gute Perspektiven. Ausdauer ist gefragt, insbesondere wenn kulturelle Hürden zu nehmen sind.

    Anders als bei vielen Konsumgütern sind die Brasilianer im Wohnungsbau sehr konservativ. Ein Beispiel dafür ist der anhaltende Erfolg der großen Baukonzerne, die seit Jahrzehnten architektonisch kaum variieren und sehr kostenorientiert bauen. Trends zu neuen Baustoffen oder sogar Bauweisen entwickeln sich nur sehr langsam – selbst wenn sie Kostenvorteile eröffnen.

    Dies erklärt unter anderem die sehr langsame Marktdurchdringung von Kunststoffrahmen bei Fenstern, die deutsche Hersteller seit Jahren sukzessive vorantreiben. In Bezug auf qualitativ hochwertige Baustoffe und -techniken weist Brasilien somit einen großen Nachholbedarf auf, insbesondere bei der Mechanisierung und Automatisierung der Bauausführung.

    Argumente für industrielles Bauen häufen sich

    Trotz immenser Kostenvorteile hat das industrielle Bauen in Brasilien bislang nur einen Marktanteil von maximal 10 Prozent. Architekten und Ingenieure, aber auch die Behörden halten an sehr arbeitsintensiven Verfahren fest. Schließlich wünschen sich die Kunden nach wie vor individuelle Ausführungen.

    Doch immer mehr Unternehmen leisten Überzeugungsarbeit, darunter auch die landesweit 264 ConstruTechs. Die Anzahl der Start-ups im Bau und Immobiliensektor wächst zweistellig. Neben den ConstruTechs verzeichnete Brasilien 2024 knapp 950 PropTechs, die die digitale Transformation in der Immobilienbranche vorantreiben. Impulse für das industrielle Bauen kommen auch von dem Programm ConstruaBrasil. Auch mittels Bürokratieabbau und Digitalisierung will die Regierung die Effizienz des Bausektors stärken.

    Eine Hürde für den Fertigbau ist das Steuersystem. Mit der aktuellen Reform werden neue Weichen gestellt. Im aktuellen System unterliegt industrielles Bauen dem drei- bis vierfachen Steuersatz. Für handwerkliches Bauen dagegen gilt bislang ein niedrigerer Satz. Nach der Reform wird dieser aber auf das allgemeine Niveau angehoben. Dadurch wird handwerkliches Bauen künftig unwirtschaftlicher, erwartet Brasiliens Verband für Stahlskelettbau Abcem. Insgesamt dürften die Baukosten im Verlauf der Reform bis 2033 aber deutlich steigen.

    Für mehr industrielles Bauen spricht auch, dass qualifizierte Fachkräfte immer knapper werden. Es fehlen unter anderem Maurer, Elektriker, Vorarbeiter und Schreiner. Vor dem Hintergrund des angespannten Arbeitsmarktes hatten 2024 rund 82,4 Prozent der Bauunternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen zu besetzen. Das ist mehr als in jeder anderen Branche, wie eine Umfrage des Wirtschaftsforschungsinstituts FGV Ibre zeigt. Der Fachkräftemangel trug 2024 maßgeblich zur Steigerung der Baukosten um 6,5 Prozent bei. Während die Lohnkosten um 8,6 Prozent zulegten, stiegen die Kosten für Materialien und Ausrüstung um 5,3 Prozent und für Dienstleistungen nur um 3,7 Prozent. 

    Es ist davon auszugehen, dass sich der Modulbau mit seinen Skalenvorteilen künftig mehr und mehr durchsetzen wird. Bislang zeichnet sich aber noch kein eindeutiger Trend ab. Nach einem Einbruch im Jahr 2023 geht der Verband für industrielles Bauen mit Betonfertigteilen (Abcic) davon aus, dass sich die Erholung der Nachfrage 2025 fortsetzen wird.

    Digitalisierung kommt nur langsam in Gang

    Die brasilianische Bevölkerung ist sehr digitalaffin. Doch im Bausektor schreitet die Entwicklung langsamer voran als in anderen Wirtschaftssektoren. Ein Grund hierfür ist die hohe Informalität des Sektors. Die Regierung verabschiedete 2018 eine Strategie zur Digitalisierung der Bauwirtschaft. Anfang 2024 passte sie die Vorgaben für die Gebäudedatenmodellierung (Building Information Modeling, BIM) aber an, da die Fristen nicht einzuhalten waren. 

    Ursprünglich sollten ab 2024 alle Bauprojekte BIM einsetzen und ab 2028 alle Bauleistungen über BIM abgebildet werden. Die neuen Regierungsziele sind sehr locker. Zurzeit nutzen 33,8 Prozent der Bauunternehmen BIM routinemäßig. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Verbands für Industrieentwicklung ABDI. Brasilien fördert den Einsatz von virtuellen Bauwerksmodellen durch Arbeitsgruppen und das BIM Fórum. Das internationale Netzwerk buildingSmart kann ausländischen Unternehmen den Aufbau lokaler Kontakte erleichtern.

    Auch im Immobiliensektor ist noch viel Luft nach oben. Ein Immobilienverkauf dauert im Durchschnitt 16 Monate. Die Digitalisierung kann den Prozess beschleunigen. Bisher werden weniger als 10 Prozent der Verträge digital abgeschlossen. Die rechtlichen Grundlagen sind vorhanden. Von der Grundrissbetrachtung bis zur Vertragsunterzeichnung geht alles online. Auch virtuelle Besichtigungen sind möglich.

    Neuer Rechtsrahmen bietet Chancen für den Holzrahmenbau 

    Trotz einer hochproduktiven Forstwirtschaft wird Holz in der Bauwirtschaft in Brasilien nur wenig eingesetzt. Dies könnte sich mit einem verstärkten Trend zum industriellen und modularen Bauen schnell ändern. Im Juni 2023 trat die Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936 in Kraft, die laut der Normungsbehörde ABNT internationale Standards umsetzt.

    Für eine Marktdurchdringung der Wood-Frame-Bauweise fehlte bisher ein staatlich anerkannter Standard. Doch damit sich diese Bauweise durchsetzt, müssen auch kulturelle Hürden überwunden werden, darunter Vorbehalte bezüglich der Widerstandsfähigkeit des Materials gegenüber holzzerstörenden Insekten.

     

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Hochbau: Projekte

    Öffentlich-private Partnerschaften setzen Großprojekte um. Impulse kommen auch von großen privaten Ketten, insbesondere im Gesundheitssektor und Tourismus. 

    Der Bau und Betrieb öffentlicher Gebäude, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitssektor, war in der Vergangenheit durch hohe Ineffizienzen gekennzeichnet. Mehr als 10.000 Baustellen, in die bereits große Summen geflossen waren, lagen brach. Die Bauten wurden auf der Plattform Mãos à Obra erfasst. Nur wenige von ihnen wurden zu Ende geführt. Auch infolge dieser Erfahrung vergeben die Bundesstaaten und Kommunen heute zunehmend Konzessionen an private Betreiber oder setzen auf öffentlich-private Partnerschaften (PPP).

    Öffentlich-private Projekte nehmen Fahrt auf

    Die Regierung in Brasília, die Bundesstaaten und die Kommunen strukturieren in vielen Bereichen Projekte für private Betreiber. Das Spektrum ist vielfältig. Es reicht vom Bau und/oder Betrieb von Krankenhäusern, Schulen, Verwaltungseinrichtungen, Museen, Veranstaltungszentren bis hin zu Strafvollzugsanstalten, Parks, Sportplätzen und vielem mehr.

    Informationen zu Projekten bieten beispielsweise die Internetseite des Investitionsprogramms PAC der brasilianischen Regierung oder die Seite PPI des Bundesstaats São Paulo. Auch der Infrastrukturverband ABDIB bietet eine Übersicht über verschiedenste Vorhaben auf seiner Projektplattform.

    Laut einer Erhebung der Beratungsfirma Radar PPP vom Januar 2025 kamen zwischen 2022 und 2025 besonders viele Projekte zum Bau und Betrieb von Bildungseinrichtungen hinzu. Die Zahl der Vorhaben verdreifachte sich auf 148 Projekte. Insgesamt stieg die Zahl der Vorhaben in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Wohnraum, Bestattungswesen und Strafvollzug von 377 auf 594 Projekte an. 

    Umfassende Investitionspartnerschaften im Bildungssektor stehen anProjekte in fortgeschrittenem Stadium (Phase der öffentliche Anhörung bis zur Vergabe)
    Kategorie

    Anzahl der Projekte

    Investitionen in Mio. US$ *)

    Bildung

    9

    1.510

    Gesundheit

    11

    661

    Wohnraum und Urbanisierung

    5

    657

    Bestattungswesen

    7

    20

    Strafvollzug

    1

    16

    Insgesamt

    33

    2.865

    * Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2024: 1 US$ = 5,39 R$.Quelle: Erhebung von Radar PPP für die Wirtschaftszeitung Valor Econômico, Stand: 21.01.2025

    Viele Verträge für PPP-Projekte und Konzessionen erarbeitet der Projekthub der Entwicklungsbank BNDES. Im Bildungsbereich bereitet BNDES derzeit vier Vergaben vor. Am weitesten fortgeschritten ist der Vertrag für 31 Bildungsstätten in Caxias do Sul (Rio Grande do Sul), der im 3. Quartal 2025 vergeben werden soll. Eine PPP für 123 Schulen im Staat Minas Gerais ist für das 2. Quartal 2026 vorgesehen. Dazu kommen Vorhaben in Recife (Pernambuco) und in Rio de Janeiro.

    Vorreiter São Paulo vergab 2024 Konzessionen für den Neubau von 33 Schulen. Für 2025 plant der Staat eine PPP zum Betrieb von 143 Schulgebäuden. Im Gesundheitssektor sollen bis Ende 2025 die medizinische Grundversorgung in Recife und Jaboatão dos Guararapes (Pernambuco) vergeben werden. Darüber hinaus strukturiert BNDES Verträge zur Sanierung und Nutzung staatlicher Gebäude. Bis 2026 sollen sieben Immobilienblöcke versteigert werden.

    Auch private Dienstleister bauen Gesundheitseinrichtungen

    Die Coronakrise stürzte private Krankenversicherer und Gesundheitsanbieter in eine tiefe Krise. Nun nehmen große Ketten wie Rede D'Or und Hapvida die Expansion wieder auf. Die Bevölkerung Brasiliens wird im kommenden Jahrzehnt deutlich schneller altern als in anderen Schwellenländern. Pflegeheime für die höheren Einkommensklassen rücken ins Interesse von Investmentfonds. Die Investitionen im privaten Gesundheitssektor steigen tendenziell und fördern den Bau weiterer Einrichtungen. 

    Sozialbau steht im Fokus von Regierung und Wohnungsbaugesellschaften

    Mit dem Programm Imóvel da Gente will die Regierung bis 2026 mehr als 1.000 öffentlichen Gebäuden eine neue Bestimmung geben. Ein Großteil soll in Wohnraum umgewandelt werden. Mehr als 762 Immobilien gingen bereits in das Portfolio des Wohnungsbauprogramms "Minha Casa Minha Vida" (MCMV) über. Dadurch wurden Wohnungen für mehr als 400.000 Familien geschaffen.

    Unter der Regierung Lula rückt der soziale Wohnungsbau wieder in den Vordergrund. Davon profitieren besonders die Baugesellschaften Direcional, Cury, MRV und Pacaembu, da 90 Prozent ihrer Aktivtäten über MCMV laufen. Aber auch Plano&Plano, Tenda und Cyrela nutzen den Trend für sich sowie Konzerne, die auch für gehobene Einkommensschichten bauen. Hierzu zählen Unternehmen wie Nortis (Firmentochter für sozialen Wohnungsbau: Vibra), Patrimar (Novolar) und Benx (VivaBenx).

    Shoppingzentren und Tourismus ziehen Investitionen an

    Die Kassen in den Malls klingeln. Im Jahr 2024 stellte der Sektor einen neuen Umsatzrekord auf. Von Jahr zu Jahr kommen neue Standorte hinzu, für 2025 erwartet der Verband Abrasce bis zu zwölf Neueröffnungen. Insgesamt verfügen bislang knapp 250 der 5.570 Städte und Gemeinden Brasiliens über rund 650 Shoppingmalls.

    Große Betreiber von Malls erzielen zweistellige Wachstumsraten und investieren. So baut Multiplan bis Ende 2026 die drei Einkaufszentren Parque Shopping Maceió (Alagoas), Morumbi Shopping (São Paulo) und ParkShopping Brasília (Distrito Federal) aus und investiert dafür etwa 110 Millionen US-Dollar (US$). Ähnlich hohe Summen investiert Tacla in den Ausbau von drei Zentren und den Bau einer neuen Mall in Paraná, Santa Catarina und São Paulo. Dagegen stößt der börsennotierte Konzern Allos Beteiligungen ab.

    Auch wegen der hohen Flugpreise machen die Brasilianer meist Urlaub im eigenen Land. Die Zahl der Besucher aus dem Ausland steigt. Im Jahr 2025 werden erstmals mehr als 7 Millionen Touristen erwartet. Der Umsatz stieg 2024 um 4,2 Prozent und erreichte den Rekordwert von 37,8 Milliarden US$.

    Das beflügelt die Branche und viele Hotelketten investieren, darunter internationale und renommierte Marken. Hilton wächst exponentiell und plant für die kommenden fünf Jahre 20 neue Standorte, zum Teil über Franchise-Verträge. Die ausländischen Investitionen legten 2024 um 40 Prozent auf 360 Millionen US$ zu. Das Portal Tourism Investment Hub bietet eine Übersicht über große Investitionsprojekte.

    Lang erwartete Luxusattraktionen wie der Surfparkkomplex Beyond The Club (BTC) im Süden São Paulos kommen voran. Von der Entwicklung des Sektors profitieren beliebte Ziele wie der Tourismusdistrikt Serra Azul im Hinterland São Paulos. Doch die stärksten Impulse erwartet der Nordosten Brasiliens. Die Regierung stützt die Entwicklung über das Förderprogramm PATI.

    Tourismus und Gesundheitssektor steigern die InvestitionenAusgewählte Großprojekte im brasilianischen Wirtschaftsbau

    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. US$) *) 

    Projektstand

    Projektträger
    Ausbau der landesweit 74 Krankenhäuser der Kette Rede D'Or und Erweiterung um 5.400 neue Betten

    1.391

    Veröffentlichung des Investitionsplans bis 2028 im September 2024Rede D'Or
    Neues Verwaltungszentrum des Bundesstaats São Paulo im Stadtzentrum der Metropole (Nutzflãche von 219.000 qm)

    872

    Ausschreibung der 30-jährigen Konzession ist für das 3. Quartal 2025 vorgesehen, die Vergabe für das 4. Quartal 2025, Baubeginn für 2027Regierung des Bundesstaats São Paulo (Architekturbüro Opera Quatro)
    Bau einer Tourismusanlage und nachhaltigen Luxusresidenz "Maraey" mit drei Hotels und einer Universität in Maricá (Rio de Janeiro)

    649

    Baubeginn 2. Halbjahr 2025Maraey (IDB Brasil: Joint-Venture der Unternehmen Cetya und Abacus Group)
    2 Konzessionen für den Bau und Betrieb von insgesamt 33 Schulen in 29 Städten des Bundesstaats São Paulo

    390

    Beide Konzessionen mit einer Laufzeit von 25 Jahren wurden im 3. Quartal 2024 vergeben (Investitionssumme pro Konzession: 195 Mio. US$)
    1. Konsortium: Novas Escolas Oeste SP (Engeform und Kinea)
    2. Konsortium: SP + Escolas (Agrimat Engenharia, CDL, CBI, DP Barros und A100X Empreendimentos)
    Bau von 10 neuen Kliniken und Krankenhäusern, Erweiterung um 1.811 neue Betten + Diagnosezentren und Probeannahmestellen

    372

    Investitionsplan 2025 und 2026 (50 Prozent im Staat São Paulo + Amazonas, Rio de Janeiro, Pará, Ceará, Pernambuco und Mato Grosso do Sul)Hapvida NotreDame Intermédica
    60 m hohes Stadion für den Fußballverein Flamengo in Rio de Janerio (Nutzfläche von 304.000 qm inklusive 84 Restaurants und Bars)

    359

    Unterzeichnung der Verpflichtungserklärung mit der Stadt im November 2024, Eröffnung geplant für November 2029Flamengo (nach Entwurf von Arena Events + Venues)
    Themenpark und Resort in João Pessoa (Paraíba); Aquapark und Ausbau des Resorts in Atibaia (São Paulo) + Modernisierung und Instandhaltung der vier weiteren Tourismuskomplexe

    279

    Investitionsplan bis 2030 wurde im Januar 2025 angekündigtGrupo Tauá
    Costana Frontier Resorts, Luxusresort mit künstlichem Strand in Novo Machado (Rio Grande do Sul)

    112

    Baubeginn im 2. Halbjahr 2026, Eröffnung 2029MSK Incorp der Gruppe Tecnika Engenharia Especializada
    6 neue Hotels bis 2026: Hotel in Ouro Preto (Minas Gerais) wird im April 2025 eröffnet, danach folgen Belém (Pará), 2 Hotels in Coruripe (Alagoas), 2 Hotels in São Luís (Maranhão)

    112

    Darüber hinaus bestehen Pläne für Hotels/Resorts in Brumadinho (Minas Gerais) und in Mangue Seco (Bahia).Gruppe Vila Galé
    Neubau von Strafvollzugsanstalten in Caxias do Sul und Rio Grande (Rio Grande do Sul)

    93

    Vertrag mit Baukonzern Verdi Sistemas Construtivos Ende Dezember 2024 unterzeichnet, Baubeginn 2025Regierung des Bundesstaats Rio Grande do Sul
    * Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2024: 1 US$ = 5,39 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Tiefbau: Marktlage und -entwicklung

    Die Infrastrukturinvestitionen wachsen zweistellig. Private Betreiberfirmen sind die wichtigsten Investoren. Im Jahr 2025 will die Regierung mehr als 110 Konzessionen vergeben.

    Der Ausbau der Infrastruktur bietet dem Bausektor in Brasilien vielversprechende Aussichten. Der Infrastrukturverband Abdib rechnet für 2025 mit einem Wachstum der Investitionen um 11 Prozent. Damit setzt sich der positive Trend von 2024 fort: Im vergangenen Jahr waren die Infrastrukturinvestitionen um 15 Prozent auf eine neue Rekordsumme von 48,1 Milliarden US-Dollar (US$) gestiegen. Dabei sind die Investitionen des Öl- und Gassektors nicht mit eingerechnet. Mehr als drei Viertel der Gelder stammte aus dem Privatsektor. Doch auch die staatlichen Ausgaben für Infrastruktur legen unter der Regierung von Präsident Lula wieder zu.

    Private Investitionen treiben den Infrastrukturausbau voran

    Die Stimmung im Tiefbau ist positiv. Mehr als die Hälfte der Branchenvertreter erwartet für das 1. Halbjahr 2025 einen Anstieg der Investitionen. Das geht aus der halbjährlichen Umfrage "Infrastrukturbarometer" der Unternehmensberatung EY hervor. Auch darüber hinaus stehen die Zeichen auf Wachstum. Die Regierung kündigte Anfang 2025 an, im Laufe des Jahres mehr als 110 Projekte an Betreibergesellschaften vergeben zu wollen. Um die Nachfragerisiken für die Konzessionäre besser berücksichtigen zu können, geht der Trend dabei zu kleineren Projekten.

    Seit 2016 vergibt Brasilien Projekte im Rahmen des "Programa de Parceira de Investimentos" (PPI) an private Betreiber. Seitdem haben sich die Rahmenbedingungen kontinuierlich verbessert. Die Rechtssicherheit und die Attraktivität für Investoren ist gestiegen. Neue Richtlinien lassen Schiedsverfahren für alle Segmente der Transportinfrastruktur sowie die freiwillige Rückgabe und Neuvergabe von Konzessionen zu.

    Konzessionen und öffentlich-private Projekte (PPP) sind eine wichtige Säule des ehrgeizigen Investitionsprogramms PAC (Programa de Aceleração do Crescimento), das die Regierung Mitte 2023 auflegte. Dazu kommen staatliche Infrastrukturausgaben auf allen föderalen Ebenen sowie die Projekte, die durch staatliche und halbstaatliche Unternehmen durchgeführt und finanziert werden, allen voran durch den Ölkonzern Petrobras. Petrobras hob in seinem Ende 2024 veröffentlichten Entwicklungsplan 2025 bis 2029 die Höhe der geplanten Investitionen um 9 Prozent auf 111 Milliarden US$ an.

    Dagegen haben die Erwartungen an das Investitionsprogramm PAC nachgelassen. Die Vergabe von Konzessionen und PPP erfolgt langsamer als angekündigt. Außerdem stockt die Fertigstellung der ruhenden Baustellen, die Lula über das Programm Mãos à Obra ankurbeln will. Die zunehmende Unsicherheit in Bezug auf die Konjunktur und die Staatsfinanzen sowie die steigenden Zinsen stellen den Sektor 2025 vor Herausforderungen. Die Grundstimmung bleibt dennoch überwiegend zuversichtlich.

    Finanzierung durch Infrastrukturanleihen und BNDES

    Die Finanzierung großer Infrastrukturprojekte erfolgt in Brasilien größtenteils über steuerbegünstigte Anleihen. Allein 2024 wurden Infrastrukturanleihen im Wert von 24,6 Milliarden US$ ausgegeben, fast doppelt so viel wie im Vorjahr. Unter Lula gewinnt die Entwicklungsbank BNDES wieder an Bedeutung als Kapitalgeber.

    BNDES trägt wesentlich zum Infrastrukturausbau bei. Als eine Art Projektfabrik strukturiert die Bank attraktive Projekte für das Portfolio des PPI-Programms. In drei Abteilungen arbeiten mehr als 200 technische Fachkräfte neue Vorhaben aus. Über das Onlineportal ProjectsHub können sich potenzielle Investoren direkt über die Projektausarbeitung informieren und Partner für Konsortien finden.

    Auch die Bundesstaaten und Gemeinden gehen immer mehr Partnerschaften mit privaten Betreibern ein und nutzen dafür die BNDES-Plattform. Laut Infrastrukturverband Abdib, der eine eigene Projektplattform anbietet, befanden sich im Januar 2025 nahezu 500 Projekte in der Pipeline: 373 Projekte auf Ebene der Bundesstaaten und Gemeinden sowie 122 Projekte auf Ebene der Zentralregierung. Über diese Vorhaben könnten insgesamt 139 Milliarden US$ an Infrastrukturinvestitionen mobilisiert werden.

    São Paulo schreitet mit großen Schritten voran

    Die Wahl von Tarcísio de Freitas zum neuen Gouverneur São Paulos begünstigt private Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur des Bundesstaates. Der ehemalige Infrastrukturminister brachte bei seinem Amtsantritt 2023 nicht nur eigenes Know-how mit, sondern auch die technischen Fachkräfte aus der Regierung von Ex-Präsident Bolsonaro. 

    Im Jahr 2024 gelang der Regierung die Vergabe der Intercity-Zugstrecke zwischen Campinas und São Paulo sowie die Privatisierung von Sabesp, dem größten Wasserkonzern Lateinamerikas. Insgesamt neun Projekte vergab der Bundesstaat 2024. Für 2025 ist die Versteigerung von neun weiteren Projekten mit einem Investitionsumfang von 9,3 Milliarden US$ vorgesehen, darunter die Konzession für den Bau eines Unterwassertunnels zwischen Santos und Guarujá sowie mehrere Projekte für den Schienennahverkehr. Dies geht aus dem Programm für Investitionspartnerschaften São Paulos hervor.

    Auch andere Bundesstaaten wie Minas Gerais, Paraná, Rio Grande do Sul und Mato Grosso do Sul profilieren sich durch eine transparente Vergabe und gut strukturierte Projekte.

    Hoher Nachholbedarf bei der Transportinfrastruktur

    Trotz der steigenden Ausgaben bleiben die Infrastrukturinvestitionen in Brasilien hinter dem Bedarf zurück. Laut einer Prognose des Infrastrukturverbands Abdib wird das Land 2025 bis 2029 weniger als halb so viel in die Infrastruktur investieren wie nötig.

    Die Wasserwirtschaft sticht positiv hervor. Dank der zunehmenden Privatisierung legen die Investitionen in den Sektor besonders stark zu. Auch die Investitionen in Autobahnen, Häfen und urbane Mobilität steigen kräftig, so die Daten von Abdib.

    Brasiliens Telekommunikationssektor ist seit Jahrzehnten fast vollständig in privater Hand. Auch im Stromsektor ist die Privatisierung in allen drei Teilbereichen Erzeugung, Übertragung und Verteilung weit fortgeschritten. In beiden Sektoren führen private Investoren umfangreiche Investitionen durch. Dennoch sieht Abdib im Telekommunikationssektor Defizite.

    Investitionen in Wasserwirtschaft und Autobahnen sollen besonders stark wachsenPrivate Investitionen nach Sektoren (Investitionen in Milliarden US$, Veränderung in Prozent)
    Sektor

    Prognostizierte Investitionen 2024 bis 2028 1)

    Prognostizierte Investitionen 2025 bis 2029 2)

    Veränderung 3)

    Autobahnen

    14,0

    21,6

    66,7

    Schienen

    9,6

    8,6

    -2,9

    Häfen

    3,1

    4,0

    36,5

    Flughäfen

    1,8

    1,8

    4,4

    Urbane Mobilität

    4,0

    5,0

    33,8

    Wasser- und Abfallwirtschaft 4)

    11,6

    26,6

    147,8

    Soziale Infrastruktur (öffentliche Verwaltung, Bildung, Gesundheit etc.)

    1,5

    1,5

    12,2

    Insgesamt

    45,6

    69,1

    63,4

    1 Prognose von 2023, Werte umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 4,99 R$; 2 Prognose von 2024, Kurs 2024: 1 US$ = 5,39 R$; 3 bezogen auf Werte in R$; 4 ohne Sabesp, prognostizierte Investitionen 2025-2029: 14,3 Mrd. US$ (+33,1%)Quelle: Daten von Abdib, zitiert in der Wirtschaftszeitung Valor Econômico 2025

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Tiefbau: Marktchancen für deutsche Unternehmen

    Die wachsende Bedeutung privater Betreiberkonzerne und die fortschreitende Digitalisierung verändern den Tiefbau und eröffnen Chancen.

    Das 2016 gestartete "Programa de Parcerias de Investimentos" (PPI), im Rahmen dessen die Regierung Infrastrukturprojekte strukturiert und an private Betreiber versteigert, revolutioniert den Tiefbau in Brasilien. An die Stelle staatlicher Bauaufträge treten professionelle Betreiberunternehmen, die ihre Effizienz langfristig maximieren. Schließlich unterliegt das Kapital der Konzessionäre strengen Kontrollen durch die Anteilseigner. Investitionen müssen sich lohnen. Qualitätsaspekte gewinnen dadurch immens an Bedeutung.

    Paradigmenwechsel für langfristige Effizienz

    "Dieser Paradigmenwechsel eröffnet Perspektiven für deutsche Produkte und Dienstleistungen", sagt Detlef Dralle, Geschäftsführer des Baukonzerns HTB. Schließlich zeichnen sich deutsche Hersteller in der Regel durch hochwertige, innovative und daher auch teurere Technologien aus, die sich erst bei langfristiger Effizienz rechnen.

    HTB (bis 2016 Hochtief do Brasil) profitiert von diesem Wandel. Das Unternehmen erbringt seit mehr als einem halben Jahrhundert Planungs- und Bauleistungen in Brasilien. In den vergangenen Jahren führte HTB, das heute zur deutschen Gruppe Zech gehört, für Fraport den Umbau des Flughafens in Porto Alegre durch.

    Im Hochbau ergeben sich für HTB gute Chancen auf Aufträge aus dem Gesundheitssektor und aus der Industrie. Im Tiefbau bestehen Aussichten auf neue Projekte in der Wasser- und Abfallwirtschaft, beim Ausbau der Hafen- und Energieinfrastruktur sowie beim Bau von Rechenzentren. Auch im Flughafenbau ergeben sich mit den anstehenden Versteigerungen von Konzessionen neue Möglichkeiten. Im Straßen- und Schienenbau ist HTB bislang nicht aktiv. 

    Chancen durch Digitalisierung

    Die brasilianische Bauwirtschaft hinkt bei der Nutzung digitaler Technologien noch weit hinterher. Zurzeit nutzen erst 33,8 Prozent der Bauunternehmen virtuelle Bauwerksmodellierung (BIM - Building Information Modeling) routinemäßig. Dies ergab eine aktuelle Erhebung des Verbands für Industrieentwicklung ABDI.

    Mit der neuen Strategie BIM-BR will die Regierung den breiten Einsatz fördern. Mit der zunehmenden Nutzung von BIM und neuen Technologien dürften die Akteure Geschäfts- und Projektabläufe anpassen, wodurch sich neue Geschäftschancen ergeben.

    Brasilien fördert den Einsatz virtueller Bauwerksmodelle über Arbeitsgruppen, das BIM Fórum und ein akademisches Portal. Das internationale Netzwerk buildingSmart kann ausländischen Unternehmen den Aufbau lokaler Kontakte erleichtern.

    Entwicklungsschub für die Wasserwirtschaft und den Schienenverkehr

    Brasiliens Wasserwirtschaft investiert. Das bietet viele Chancen für Beteiligungen – auch für Konsortien. In dem gesamten Bereich Wasser/Abwasser/Abfallwirtschaft stehen große Konzessionsprojekte an, die die Investitionen in den kommenden Jahren ankurbeln. Dies verspricht gute Aussichten für Anbieter von Umwelttechnik und speziellen Baulösungen.

    Auch wenn die Investitionen in den Schienentransport derzeit stagnieren, liegen hier immense Chancen, die sich in den kommenden Jahren realisieren dürften. Keiner der in Brasilien ansässigen Baukonzerne verfügt über umfassende praktische Erfahrungen im Schienenbau. Beratungsdienstleistungen sowie moderne Technologien aus Deutschland könnten dabei helfen, den Güterverkehr im Land zukünftig effizienter zu gestalten.

    Trotz Verbesserungen und einem steigenden Transportvolumen ist der Schienentransport nach wie vor nur ungenügend ausgebaut. Problemfelder sind beispielsweise die schlecht ausgebaute Signalsteuerung sowie unzureichende Sicherheitsvorkehrungen.

    Die Deutsche Bahn will Chancen wahrnehmen. Anfang 2023 unterzeichnete DB Engineering & Consulting (DB E.C.O.) eine Absichtserklärung mit GPM (Grão-Pará-Maranhão) und dem brasilianischen Consultingunternehmen Sysfer. DB E.C.O. erwägt, sich an dem Bau einer Schienenstrecke im Bundesstaat Maranhão zu beteiligen. 

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Tiefbau: Projekte

    Private Investitionen in die Wasserwirtschaft und Autobahnen legen 2025 besonders stark zu. Auch in Häfen und urbane Mobilität fließt deutlich mehr Geld.

    Transport

    Straßen

    Mit der Vergabe von sieben Konzessionen und Investitionen von insgesamt 15,3 Milliarden US-Dollar (US$) war 2024 ein erfolgreiches Jahr für den Straßenbau in Brasilien. Für 2025 plant das Transportministerium die Versteigerung von 15 Autobahnabschnitten an private Betreiber. Die Projekte sollen Investitionen in Höhe von 29,9 Milliarden US$ anstoßen. Dazu kommen drei Großprojekte des Bundesstaates São Paulo mit einem Investitionsvolumen von 2,8 Milliarden US$ sowie der Bau des Unterwassertunnels zwischen Santos und Guarujá.

    Neben traditionellen Betreibern wie CCR, EcoRodovias, Arteris und Via Appia interessieren sich auch neue Player wie 4UM und lokale Konsortien für die Verträge. Der Verband der Autobahnkonzessionäre ABCR erwartet bis 2030 eine Verdopplung der konzessionierten Gesamtstrecke von derzeit 30.000 auf 60.000 Kilometer.

    Zu den Investitionen der Betreiber kommen die Instandhaltungskosten für das viertgrößte Straßennetz der Welt. Mit dem Klimawandel wachsen die Herausforderungen für die zuständige Behörde DNIT, der 2025 mit 2,5 Milliarden US$ aber nur halb so viel zur Verfügung steht wie 2024.

    Schienen

    Brasilien will bis 2035 den Transportanteil der Schiene, der derzeit bei 20 Prozent liegt, verdoppeln. Doch die Konzessionsverhandlungen um Brasiliens längstes Streckennetz FCA und um die Strecke Malha Sul stocken. Letztere wurde 2024 von den Überschwemmungen in Rio Grande do Sul getroffen.

    Auch neue Zugstrecken kommen nicht voran. Deshalb minderte der Infrastrukturverband ABDIB Ende 2024 seine Prognose in Bezug auf die Höhe der Investitionen. Eine Trendwende soll der "Plano Nacional de Ferrovias" einleiten, der rund 5.000 Kilometer neue Schienenstrecke vorsieht. Doch die Veröffentlichung des Plans lässt auf sich warten.

    Für Lichtblicke sorgt die Regierung von São Paulo. Im Jahr 2024 vergab der Bundesstaat die Konzession zum Bau und Betrieb der Schnellzugstrecke (TIC) zwischen São Paulo und Campinas. Die Strecke zwischen São Paulo und Sorocaba soll 2025 versteigert werden. Auch beim Schienennahverkehr der Metropole sind Versteigerungen geplant, darunter für die Linien 10 bis 14 des CPTM-Netzes sowie der U-Bahn-Linien 16, 19, 20 und 22.

    Wasserwege/Seehäfen

    Der Außenhandel und der wachsende Seeverkehr stimulieren die Investitionen in Hafenterminals. Mit dem Programm "BR do Mar" fördert Brasilien die Küstenschifffahrt. Im Jahr 2024 wurden acht Terminals verpachtet. Für 2025 ist die Vergabe von 22 Terminals vorgesehen, die Investitionen von 1,6 Milliarden US$ anstoßen.

    Besonders umfangreiche Projekte erwarten die Häfen Itaguaí, Santos, São Sebastião, Paranaguá und Vila do Conde. An Brasiliens zweitgrößtem Hafen Paranaguá wird die landesweit erste Konzession für den Unterhalt der Fahrrinnen vergeben.

    Darüber hinaus genehmigte die Regulierungsbehörde Antaq 2024 den Bau von sechs privaten Terminals, sogenannten TUP, die Aufwendungen von rund 1 Milliarde US$ bringen. Weitere 14 TUPs mit einem Investitionsvolumen von 5,6 Milliarden US$ sind in der Pipeline.

    Flughäfen

    Nach der Konzessionswelle von 2019 bis 2022 wickeln private Betreiber heute 99 Prozent der Luftfracht in Brasilien ab und bedienen 92 Prozent der Flugpassagiere. An den insgesamt 59 Flughäfen investieren die Konzessionäre über 5 Milliarden US$.

    Zu den in Brasilien aktiven Flughafenbetreibern gehören CCR, Socicam, Invepar und XP/Egis sowie die internationalen Unternehmen Aena Desarrollo (Spanien), Vinci Airports (Frankreich), Inframérica (Argentinien), Changi (Singapur), Fraport (Deutschland) und Zurich (Schweiz). Für 2025 ist die Konzessionierung von 102 Regionalflughäfen und die erneute Vergabe des Flughafens Viracopos (Campinas) geplant.

    Wasser/Abwasser/Abfall

    Der neue Rechtsrahmen von 2020 fördert Konzessionen in der Wasser- und Abfallwirtschaft. Die neuen Bestimmungen erlauben es, größere regionale Konzessionsblöcke zu schnüren. Dies erhöht die Attraktivität für private Betreiber, die seitdem 45 Projekte unter Vertrag genommen haben.

    Das Jahr 2024 war geprägt durch die Privatisierung von Sabesp, der größten Wassergesellschaft Lateinamerikas. Zudem kamen zwei Konzessionen in Piauí und Sergipe und ein PPP in Paraná zustande. Die drei Verträge erbringen ein Investitionsvolumen von 3,3 Milliarden US$. Für 2025 erwartet der Verband der privaten Wasserkonzessionäre Abcon Konzessionierungen in den Staaten Pernambuco, Pará, Rondônia und Paraíba mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 10,2 Milliarden US$.

    Energie (Erzeugung, Übertragung, Verteilung)

    Investitionen in die Stromerzeugung fließen zunehmend in die Solarenergie. Kein anderer Energieträger wächst so stark. Mit einer installierten Leistung von derzeit 52 Gigawatt steht die Solarenergie auf Platz 2 nach der Wasserkraft. Für 2025 erwartet der Branchenverband Absolar einen Zubau von 13,2 Gigawatt. Die Windkraft folgt mit 33,7 Gigawatt auf Rang 3. Aktuell erlebt die Sparte jedoch eine Krise. Bis 2027 wird nur mit einem gedämpften Zubau gerechnet.

    Auch in Wasserkraftwerke, Bioenergie, Gaskraftwerke und Hochspannungsleitungen fließen Gelder. Im Jahr 2024 vergab die Regulierungsbehörde Aneel Konzessionen für den Ausbau des Übertragungsnetzes mit einem Investitionsvolumen von 4 Milliarden US$. 2025 werden erneut Verträge versteigert.

    Kommunikationsnetze

    Als Vorreiter bei erneuerbarer Energie wird Brasilien zum beliebten Investitionsstandort für Rechenzentren. Neben den US-Giganten IBM, Amazon Web Services (AWS) und Microsoft investieren große Rechenzentrenbetreiber wie Ascenty, Equinix und Scala. Beratungsunternehmen Thymos Energia erwartet für 2025 und 2026 Investitionen von 2,2 Milliarden US$. 

    Brasiliens Telekommunikationsinfrastruktur ist zu 100 Prozent privatisiert. Nach stabilen Investitionen 2024 erwartet der Sektor für 2025 erneutes Wachstum, das vom Boom der Rechenzentren sowie der Nachfrage nach KI-Infrastruktur und privaten 5G-Netzen angetrieben wird.

    Brasilien vergibt Milliardenverträge für die WasserwirtschaftAusgewählte Großprojekte in Brasilien

    Vorhaben

    Investitionssumme in Mrd. US$ *)

    Projektstand

    Projektträger 
    Konzessionierung der Wasserwirtschaft in 185 Städten und Gemeinden im Bundesstaat Pernambuco

    3,7

    Konzessionen werden im 1. Quartal 2026 versteigertBNDES
    Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in 126 der 144 Städte und Gemeinden im Staat Pará

    3,7

    40-jährige Konzession wird im 2. Quartal 2025 versteigertBNDES
    Versteigerung der Schienennahverkehrslinien (CPTM) 11, 12 und 13 (Lote Alto Tietê) der Metropole São Paulo

    2,7

    25-jährige Konzession wird am 28.03.2025 versteigertRegierung des Bundesstaats São Paulo
    Trem Intercidades (TIC) - Norte: Schnellzugstrecke zwischen Campinas und São Paulo

    2,7

    30-jährige Konzession wurde im Februar 2024 vergeben, Inbetriebnahme ab 2031Konsortium: Comporte und CRRC Group (China)
    Trem Intercidades (TIC) - Oeste: Schnellzugstrecke zwischen Sorocaba und São Paulo

    1,9

    30-jährige Konzession wird im 1. Quartal 2026 vergebenRegierung des Bundesstaats São Paulo
    12,4 km lange Brücke zwischen Salvador und Itaparica im Staat Bahia

    1,9

    35-jährige Konzession wurde bereits Ende 2019 vergeben, Baubeginn 2025, Eröffnung 2028Konsortium: CCCC (China Communications Construction Company) und CRCC/CR20 (China Railway 20 Bureau Group Corporation)
    Integra Tietê: Sanierung des Tietê-Flusses in São Paulo

    1,6

    850 km Hauptsammler- und Abfangkanäle, 550 km Abwassersammelnetze, Ausbau von Kläranlagen und Neubau von 3 Anlagen und andere Maßnahmen im Zeitraum von 2025 bis 2029Sabesp/Regierung des Bundesstaates São Paulo
    102 Regionalflughäfen (davon 89 Terminals in Betrieb + 13 Neubauten)

    1,4

    Konzessionierung in zwei oder mehreren EtappenPrograma AmpliAR des Ministeriums für Häfen und Flughäfen
    Rota Agro Norte: Ausbau der Straße BR-364 zwischen Vilhena und Porto Velho im Staat Rondônia mit einer Streckenlänge von 690 km

    1,2

    30-jährige Konzession wurde 27.02.2025 versteigertKonsortium: 4UM Investimentos und Opportunity.

    Unterwassertunnel zwischen Santos und Guarujá im Staat São Paulo (1,5 Kilometer) 

    1,1

    30-jährige Konzession wird im 2. Halbjahr 2025 versteigertRegierung des Bundesstaats São Paulo 
    * Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2024: 1 US$ = 5,39 R$.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Weitere Informationen zu Projekten finden Sie in der GTAI-Datenbank "Entwicklungsprojekte".

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Wettbewerbssituation und Geschäftspraxis

    Deutsche Unternehmen müssen langfristig am Markt präsent sein und einen Mehrwert bieten, um sich im Preiswettbewerb durchzusetzen.

    Brasiliens Bausektor hat sich im vergangenen Jahrzehnt stark verändert: Der Tiefbau ist heute deutlich fragmentierter. Die Großen sind kleiner geworden, dafür sind mittelständische Unternehmen und internationale Konzerne nachgerückt. Außerdem achten die privaten Konzessionäre bei der Auswahl von Generalunternehmen (EPC-Contractor) stärker auf die Zuverlässigkeit und den Ruf der Baukonzerne.

    Ausgewählte Strukturdaten zur Bauwirtschaft in BrasilienVeränderung in Prozent

    Kennziffer

    2021 1)

    2022 2)

    Veränderung 2022/21

    Bruttowert der Bauproduktion nach Sparten (in Milliarden US$)

       
    Insgesamt, davon:

    68,7

    79,5

    10,8 3)

      Hochbau

    30,0

    33,6

    7,0 3)

      Tief-/Infrastrukturbau

    22,4

    26,9

    14,6 3)

      Spezialisierte Bauleistungen

    16,3

    19,1

    12,3 3)

    Anzahl der Unternehmen insgesamt, davon:

    148.201

    174.690

    17,9

      Hochbau

     58.484

     73.128

    25,0

      Tief-/Infrastrukturbau

     15.601

     16.487

    5,7

      Spezialisierte Bauleistungen

     74.116

     85.075

    14,8

    Anteil der Bauproduktion im öffentlichen Auftrag (in %)

    26,1

    30,2

    -

    1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2021: 1 US$ = 5,39 R$; 2 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2022: 1 US$ = 5,16 R$; 3 nominal bezogen auf die Werte in Landeswährung R$.Quelle: Statistikamt IBGE 2025

    Ein Jahrzehnt drastischer Umstrukturierungen

    Durch einen Korruptionsskandal erlebte der Bausektor ab 2014 eine tiefgreifende Umstrukturierung. Statt in staatlichem Auftrag erfolgen die Investitionen in den Tiefbau heute größtenteils durch private Betreiberunternehmen als Konzessionsnehmer öffentlich-privater Projekte (PPP).

    Mit dieser Trendwende änderten sich die Wettbewerbsbedingungen, denn die privaten Betreiber achten deutlich mehr auf Effizienz und Qualität. Dies spielte neuen Playern in die Hände, während die großen Baukonzerne diese Aspekte jahrzehntelang vernachlässigt hatten. Hinzu kam der durch den Korruptionsskandal geschädigte Ruf vieler etablierter Konzerne, die in der Folge ihren Namen änderten. Odebrecht wurde zu OEC der Gruppe Novonor, OAS zu Coesa und Metha, Camargo Corrêa zu Grupo Mover, Queiroz Galvão zu Álya Construtora und Engevix Engenharia zu Nova Participações.

    Von den Schwierigkeiten der einst gigantischen Player profitierten die mittelgroßen Bauunternehmen, die in der Lage waren, die erforderlichen Garantien zu bieten und Großaufträge als EPC-Contractor anzunehmen. Dazu zählen das Unternehmen HTB der deutschen Zech-Gruppe, zu der auch das Bauunternehmen Tedesco (Porto Alegre) gehört, sowie U&M Mineração e Construção, Barbosa Melo, Racional und Construcap. 

    Auch einige ausländische Bauunternehmen nutzten die Gelegenheit, um sich auf dem brasilianischen Markt zu etablieren, darunter der spanische Baukonzern Acciona und die Firma ECB (Tochter der portugiesischen Gruppe Mota-Engil). Der kanadische Vermögensverwalter Brookfield engagiert sich in Brasiliens Wasserwirtschaft über das Unternehmen BRK Ambiental. Mittlerweile beteiligen sich immer mehr brasilianische Vermögensverwalter wie 4UM, Opportunity, Prisma, Pátria und BTG an den Infrastrukturkonzessionen und kurbeln den Wettbewerb an.

    Top-10 der Baukonzerne in Brasilien 2023Umsatz in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
    Unternehmen

    Bruttoumsatz 2023 1)

    Veränderung 2023/22 2)

    OEC

    814

    -10

    Acciona

    620

    21

    LCM Construção

    616

    142

    Andrade Gutierrez Engenharia

    580

    8

    Construcap

    324

    21

    ECB – Empresa Construtora do Brasil

    313

    152

    Construtora Barbosa Mello

    308

    24

    A. Yoshii Engenharia e Construções

    306

    6

    U&M Mineração e Construção

    299

    0

    Fagundes Construção e Mineração

    294

    24

    1 Baugewerbe (ohne Dienstleistungen oder Konzessionen) umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 4,99 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in R$.Quelle: Zeitschrift “O Empreiteiro”, August/September 2024

    Top-10 der Wohnungsbaugesellschaften in Brasilien 2023Umsatz in Millionen US-Dollar

    Unternehmen

    Bruttoumsatz 2023 1)

    MRV1.576
    Cyrela1.289
    Construtora Tenda 602
    Even597
    Cury592
    Direcional Engenharia489
    Plano&Plano440
    Patrimar Engenharia284
    Tegra Incorporadora263
    Moura Dubeux225
    1 Umrechnung zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 4,99 R$.Quelle: Zeitschrift “O Empreiteiro”, August/September 2024

    China engagiert sich zunehmend

    Chinesische Konzerne sicherten sich besonders viele Chancen, allen voran im Strom-, Öl- und Gassektor. Die Staatskonzerne CTG, SPIC und State Grid etablierten sich als wichtige Akteure in der brasilianischen Stromversorgung. Große Pläne verfolgen auch China Energy Engineering Corporation (CEEC) und die CEEC-Tochter China Gezhouba Group Corporation (CGGC).

    Transportsektor rückt in den Fokus

    Zukünftig dürfte China sein Engagement in der Verkehrsinfrastruktur ausbauen. Im Jahr 2017 übernahm die China Communications Construction Company (CCCC) den von der Lava-Jato-Affäre betroffenen Baukonzern Concremat. Im März 2024 begannen die Vermessungen für den vierjährigen Bau der längsten Brücke Lateinamerikas zwischen Salvador und der Insel Itaparica (Bahia). CCCC hatte die 35-jährige Konzession 2020 zusammen mit dem chinesischen Konzern CR20 gewonnen. Außerdem unterzeichnete der chinesische Baugigant 2023 ein 2 Milliarden US-Dollar teures Eisenbahnprojekt im Staat Pará. Jetzt interessiert sich CCCC für die Versteigerung des Unterwassertunnels zwischen Santos und Guarujá im Bundesstaat São Paulo.

    Neben CCCC und CR20 engagieren sich weitere chinesische Infrastrukturkonzerne im Land. Im Juli 2023 startete das Konsortium des brasilianischen Tiefbauunternehmens Tiisa mit CREC-10, der Tochter der China Railway Group, den Bau der Schienenstrecke FIOL zwischen Caetité und Ilhéus. Auftraggeber ist der Bergbaukonzern BAMIN, der zum kasachischen Unternehmen Eurasian Natural Resources gehört.

    Im März 2024 sicherte sich ein Konsortium des weltweit größten Schienenfahrzeugherstellers China Railway Rolling Stock Corporation (kurz CRRC) die Konzession für den Schnellzug Trem Intercidades (TIC) zwischen São Paulo und Campinas. Power Construction Corporation of China (PowerChina) und CCR bekundeten Interesse für die Projekte im Schienennahverkehr São Paulos.

    Branche öffnet sich für Innovationen

    Brasilianische Start-ups haben die Baubranche für sich entdeckt. In den letzten sechs Jahren hat sich die Anzahl der sogenannten PropTechs und ConstruTechs verdreifacht. Im Jahr 2023 verzeichnete Terracotta Ventures 1.209 Start-ups des Immobilien- und Baugewerbes, 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Wagniskapitalgeber fördert das Ökosystem über die Plattform MITHUB. Eine digitale Disruption erwartet die eher konservative Branche jedoch nicht.

    Starker Preiswettbewerb bei Einfuhren

    Zölle und der schwache Real verteuern die Importe deutscher Produkte, die sich im Preiswettbewerb insbesondere gegenüber Importen aus China behaupten müssen. Herstellergarantien, Vorteile beim Kundenservice oder bei der Finanzierung helfen, den Absatz zu steigern. Das Geschäftsmodell sollte auf den Bedarf und die Geschäftspraxis der jeweiligen Abnehmer abgestimmt werden.

    Besondere Herausforderungen in Brasilien

    Aufgrund der Größe des Landes unterscheiden sich die natürlichen Gegebenheiten, die lokalen Gewohnheiten und auch die Bauweisen in Brasilien sehr stark. Bürokratische Verzögerungen bei Umweltlizenzen, ein ineffizienter Einsatz von Arbeitskräften und Material, Transport und Lagerung von Materialien, Umweltschäden und hohe Energiekosten stellen die Baukonzerne vor Herausforderungen. Durch den angeheizten Arbeitsmarkt herrscht Fachkräftemangel. Die steigenden Lohnkosten trieben die Baukosten 2024 weit kräftiger in die Höhe als Kostensteigerungen bei Baumaterial, zumal der Bausektor im Vergleich zu Europa wesentlich arbeitsintensiver ist. 

    Tipps für ein erfolgreiches Engagement im brasilianischen Bausektor

    1. Sichern Sie Risiken richtig ab. Um Kunden zu gewinnen, machen Unternehmen zuweilen riskante Zusagen, wie Verträge ohne Begrenzung der Schadenersatzansprüche. Das Bauunternehmen HTB limitiert die Vertragsstrafen auf maximal 10 Prozent. Dafür bilanziert der Konzern den Gegenwert und kann somit die Zahlung im Schadensfall garantieren. Durch das transparente Verfahren gewinnt der deutsche Baukonzern an Glaubwürdigkeit.
    2. Langer Atem als Grundvoraussetzung. Ein Markteintritt verläuft in der Regel langsamer als erwartet. Brasilianer sind beim Bauen extrem konservativ und wägen Kosten und Nutzen nüchtern ab. Langfristig werden sich neue Technologien und Trends aber durchsetzen. 
    3. Geschäftsbeziehungen entstehen auf einer persönlichen Vertrauensbasis. Um erfolgreich zu sein, muss ein deutsches Unternehmen den brasilianischen Markt langfristig begleiten und präsent sein. Eine Zusammenarbeit mit brasilianischen Partnerunternehmen bietet sich auch wegen der immer noch hohen Bürokratie und des komplizierten Steuersystems an.

    Private und öffentliche Auftragsvergabe 

    Bei der gezielten Kontaktsuche unterstützen die Auslandshandelskammern deutsche Unternehmen. Im Tiefbau empfiehlt sich eine frühzeitige Kontaktaufnahme zu potenziellen Konzessionsnehmern möglichst noch vor einer Versteigerung der Verträge. Nur so kann der interessierte Betreiber Effizienzgewinne durch moderne Technologien in sein Gebot einkalkulieren. 

    In dem Investitionsprogramm PAC erhalten staatliche Bauaufträge wieder etwas mehr Gewicht. Öffentliche Projekte werden über das zentrale Portal de Compras ausgeschrieben. Die Teilnahme ausländischer Unternehmen wurde bereits im Jahr 2020 entbürokratisiert.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nicht tarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Marktlage

    Die Nachfrage nach Baustoffen steigt. Viele Branchenunternehmen investieren, unter anderem in Maßnahmen zur Dekarbonisierung. Doch der Optimismus in der Branche lässt nach.

    Die Baustoffindustrie trägt in Brasilien 15 Prozent zur Bruttowertschöpfung des Bausektors bei. Der Handel mit Baumaterial kommt auf einen Anteil von 13 Prozent, die Produktion von Baumaschinen auf 2 Prozent. Der Großteil von 54 Prozent entfällt auf die Bauaktivität selbst. Das ergeben Daten, die das Wirtschaftsinstitut FGV alljährlich für den Verband der Baumaterialhersteller Abramat erstellt. Der Verband umfasst mehr als 50 Unternehmen, die zusammen 354 Fabriken in ganz Brasilien betreiben.

    Umsatz mit Baumaterialien steigt erstmals seit 2021 wieder an

    Im Jahr 2024 wuchs der Umsatz des Sektors real um 5,8 Prozent. Dabei legten Verkleidungen um 8,6 Prozent und Baustoffe um 4 Prozent zu. Die Baumaterialpreise stiegen real um 3,3 Prozent an. In den Vorjahren durchlief der Branchenumsatz eine Achterbahnfahrt. Nach dem Anstieg um 8 Prozent im Jahr 2021 ging der Umsatz 2022 um 7 Prozent und 2023 um 2 Prozent zurück. 

    Das Jahr 2025 begann positiv, berichtet Abramat. Mehr als die Hälfte aller Unternehmen erwarten Wachstum und investieren. Das "Konjunkturthermometer" des Sektors deutet auf stabile Verkaufszahlen im 1. Quartal hin. Es zeigt aber auch, dass der Optimismus gedämpft ist, denn die Investitionsabsicht der Unternehmen ist rückläufig. Im Januar 2025 gaben 52 Prozent der Unternehmen an, in den kommenden zwölf Monaten investieren zu wollen. Vor Jahresfrist waren es noch 62 Prozent, und im Vormonat Dezember 2024 sogar 83 Prozent.

    Für das Gesamtjahr 2025 prognostiziert der Branchenverband ein Umsatzwachstum um real 2,8 Prozent. Der Absatz von Verkleidungen soll um 3,5 Prozent und der von Baustoffen um 2 Prozent wachsen.

    Der Absatz von Gebäudesicherheitstechnik wächst konstant. Viele andere Segmente lasten die Produktionskapazitäten dagegen nicht optimal aus und erholen sich noch von den Schwankungen der Coronakrise. Der Zement- und Keramiksektor erlebte 2024 die Trendwende, auf die die Glasindustrie noch wartet. Dagegen verzeichneten Immobilienfarben schon zum zweiten Jahr in Folge ein kräftiges Wachstum. 

    Als Wachstumsfaktoren nennt Abramat die Belebung im Sozialwohnungsbau, den neuen Rechtsrahmen der Wasserwirtschaft und die privaten Investitionen im Investitionsprogramm PAC. Impulse kommen auch von der anstehenden Steuerreform sowie der neuen Industriepolitik Nova Indústria Brasil (NIB). Laut einer Erhebung von Abramat lasteten die Baumaterialhersteller ihre Produktionskapazitäten im Januar 2025 insgesamt zu 77 Prozent aus, 2 Prozentpunkte weniger als im Dezember 2024.

    Top-10 der Baumaterialhersteller in Brasilien 2023Umsatz in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent
    Unternehmen

    Bruttoumsatz 2023 1)

    Veränderung 2023/22 2)

    Produkte
    Votorantim Cimentos5.347

    3,4

    Zement und -derivate, Mörtel, Fugenmasse etc.
    Dexco1.480

    -13,0

    Holz- und Keramikverkleidungen, Holzplatten, Sanitärprodukte
    InterCement Brasil703

    -5,9

    Zement und -derivate
    Berneck580

    -4,8

    Holzplatten und -verkleidungen
    Eucatex537

    6,6

    Holzplatten, -verkleidungen, -türen
    Arauco (Chile)510

    -18,1

    Holzplatten und -verkleidungen
    Portobello439

    -0,3

    Porzellan- und Keramikfliesen
    Cimento Nacional (NCPAR)427

    -2,3

    Zement und -derivate
    Kingspan-Isoeste (Irland)352

    -1,3

    Dämmplatten zur Isolierung von Dächern und Wänden
    Ciplan309

    0,2

    Zement, Zuschlagstoffe, Mörtel und Betonierdienste
    1 umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 4,99 R$; 2 bezogen auf den Umsatz in R$.Quelle: Ranking "Valor 1000" 2025

    Außenhandel legt zu, macht aber nur geringen Anteil aus 

    Die brasilianische Baustoffindustrie verkaufte 2023 Produkte im Wert von umgerechnet 58 Milliarden US$. Nur etwa 9 Prozent des Umsatzes erzielte die Branche im Export. Rund 38 Prozent des Verkaufs erfolgte innerhalb der Baustoffindustrie. Etwa 26 Prozent gingen an den Einzelhandel, 18 Prozent an den Großhandel und 9 Prozent direkt an die Baukonzerne.

    Hersteller stellen auf emissionsarme Brennstoffe um

    Hohe Preise für die in US-Dollar notierten fossilen Brennstoffe erhöhen die Kosten für Zement, Basisglas und Keramik und setzen Investitionsanreize für effizientere Produktionsverfahren und alternative Brennstoffe. Neben Holzschnitzeln aus schnell wachsenden Eukalyptusbäumen stehen regional unterschiedliche Agrarreststoffe zur Verfügung. Zusätzlich zu Bioenergieträgern setzen erste Anlagen auch auf die Verbrennung von Hausmüll. Dies kann die Umsetzung der Klimaschutzziele in Brasiliens Zementindustrie beschleunigen, die bereits heute relativ emissionsarm produziert.

    Die börsennotierten Großkonzerne investieren und setzen sich besonders ehrgeizige Ziele wie beispielsweise Brasiliens Marktführer für Zement, Votorantim Cimentos. Nouryon (vormals Akzonobel) nutzt in Brasilien ausschließlich grünen Strom. Bereits seit 2021 produziert der niederländische Konzern in fünf der landesweit neun Fabriken klimaneutral. Dazu gehören zwei Anlagen in Três Lagoas (Mato Grosso do Sul) und jeweils eine Fabrik in Imperatriz (Maranhão), Eunápolis (Bahia) und Jacareí (São Paulo).

    Auch die energieintensive Glasindustrie verfolgt Dekarbonisierungsziele. Der Basisglashersteller Cebrace ersetzt in seinem Werk in Jacareí (São Paulo) bereits einen Teil seines Erdgasverbrauchs durch Biomethan. Das Joint Venture des französischen Baumaterialkonzerns Saint-Gobain und des japanischen Glasfabrikanten NSG/Pilkington will seine CO2-Emissionen um 33 Prozent senken. Dafür bezieht Cebrace Deponiegas von ZEG Biogás. Nun installiert Industriegaskonzern White Martins der Linde Gruppe eine 5-Megawatt-Elektrolyseanlage, die 2025 in Betrieb gehen soll. 

    Saint-Gobain plant, die Versorgung seines Werks für den Spezialmörtel Quartzolit in Queimados (Rio de Janiero) sogar zu 100 Prozent auf Biomethan umzustellen und schloss im Juli 2023 einen Vierjahresvertrag mit dem Deponiegasunternehmen Gás Verde. Auch die Keramikindustrie setzt auf Bioenergie. Bis 2030 will die Branche die Hälfte ihres Erdgasverbrauchs durch Biomethan ersetzen, das durch Reststoffe der Zucker-Ethanol-Industrie gewonnen wird.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Zement, Beton und Holz

    Brasiliens Zement- und Betonhersteller investieren, digitalisieren Prozesse und mindern CO2-Emissionen. Der Baustoff Holz gewinnt nur sehr langsam an Bedeutung.

    Der Absatz von Zement in Brasilien steigt wieder. Nach einem Rückgang um 2,8 beziehungsweise 1,7 Prozent in den Jahren 2022 und 2023 brachte 2024 die Wende: Der Zementabsatz stieg um 3,9 Prozent, fast doppelt so stark wie zu Jahresbeginn erwartet. Für 2025 erwartet der Herstellerverband Sindicato Nacional da Indústria do Cimento (SNIC) aber nur ein leichtes Wachstum um voraussichtlich 1 Prozent. Zudem lag das Marktvolumen 2024 mit 64,7 Millionen Tonnen immer noch 7,3 Millionen Tonnen unter dem Niveau des Rekordjahres 2014. 

    Branche steht vor erneuter Konsolidierung

    Die Konsolidierung auf Brasiliens Zementmarkt setzt sich fort. Im März 2025 sind zwölf Unternehmensgruppen und elf lokale Hersteller auf dem Markt tätig. Die fünf größten Konzerne kommen auf einen Marktanteil von 80 Prozent. Dazu gehören:

    • Votorantim Cimentos (VC),
    • CSN,
    • InterCement (IC),
    • Mizu (Tochter der Gruppe Polimix) und
    • Cimento Nacional (Tochter der italienischen Buzi Unicem).

    Der drittgrößte Zementhersteller IC der Baugruppe Mover (vormals: Camargo Corrêa) befindet sich in Zahlungsschwierigkeiten und steht vor dem Verkauf. Sollte der zweitplatzierte Hersteller, der Stahl- und Bergbaukonzern CSN, die landesweit 15 Fabriken von IC übernehmen, würde er fast zum bislang unbestrittenen Marktführer Votorantim aufschließen. Aber auch Votorantim selbst sowie Buzi Unicem, Mizu und der chinesische Konzern Huaxin sind an einer Übernahme von IC interessiert.

    Die landesweit 93 Zementwerke sind weit davon entfernt, ihre Kapazität von 94 Millionen Tonnen pro Jahr auszulasten. Insgesamt 20 Werke wurden seit 2015 stillgelegt. Neben IC gerieten auch Cimento Tupi und Cimento Nassau in finanzielle Schwierigkeiten. Europäische Gruppen nutzten die Krise für Übernahmen: Buzzi erwarb Cimento Nacional, die französische Gruppe Vicat investierte in Ciplan, die portugiesische Secil erwarb Supremo und Griechenlands Titan kaufte Apodi.

    Investitionen in Effizienz und für den Klimaschutz 

    Dennoch investiert der Sektor. Dabei geht es vor allem darum, Prozesse zu modernisieren und vorhandene Anlagen zu verbessern. Laut dem Herstellerverband für Portlandzement Associação Brasileira de Cimento Portland (ABCP) planen die Unternehmen bis 2030 Investitionen von bis zu 800 Millionen US-Dollar (US$) in die Minderung der Treibhausgasemissionen. Brasiliens Zementindustrie konnte Sektorziele zum Klimaschutz frühzeitig umsetzen und ersetzt bereits seit 2022 über 30 Prozent des Bedarfs an Petrolkoks durch alternative Brennstoffe. Bis 2050 soll der Anteil auf 55 Prozent steigen.

    Da die Preise für Petrolkoks in US-Dollar notieren, trieb die Abwertung des brasilianischen Real während der Coronakrise die Energiekosten der Werke in die Höhe. Umso lohnender ist die Umstellung auf Alternativen. Neben Holzschnitzeln aus schnell wachsenden Eukalyptusbäumen stehen regional unterschiedliche Agrarreststoffe zur Verfügung. Zusätzlich zu den Bioenergieträgern setzen erste Werke auch auf die Verbrennung von Hausmüll.

    Brasilianische Zementriesen setzen auf Innovation und Klimaschutz

    Marktführer Votorantim ist der siebtgrößte Zementhersteller der Welt mit einer gesamten Produktionskapazität von 52,8 Millionen Tonnen. Der brasilianische Konzern setzt auf Innovationen, Nachhaltigkeit und effiziente, CO2-arme Technologien, aber auch auf die Erweiterung der Produktionskapazität. Laut dem neuen Investitionsplan will der Konzern die Kapazität bis 2028 um 10 Prozent steigern und erweitert die Anlagen in Edealina (Goiás) und Salto de Pirapora (São Paulo).

    In einem globalen Abkommen verpflichtete sich Votorantim, bis 2050 klimaneutral zu werden. Bis 2030 sollen die Emissionen um 30 Prozent reduziert werden. Auch bei der Digitalisierung gibt das Unternehmen die Richtung vor, optimiert die Prozesse mit Hilfe von Industrie-4.0-Lösungen und setzt auf Open Innovation.

    Konkurrent CSN geht ganz ähnliche Wege. Für beide Konzerne ist auch die Nutzung von grünem Wasserstoff von Interesse. Votorantim kündigte im Januar 2024 ein Joint Venture mit Atlas Renewable Energy an und investiert rund 240 Millionen US$ in einen Solarpark in Minas Gerais.

    Zementverkauf steigt stark im Norden und Nordosten BrasiliensIn 1.000 Tonnen, Anteil und Veränderung in Prozent
    Region

    2024 *)

    Anteil 2024 *)

    Veränderung 2024/23 *)

    Südosten

    29.718

    45,9

    2,8

    Nordosten

    13.559

    21,0

    7,5

    Süden

    10.748

    16,6

    3,5

    Zentrum-West

    7.521

    11,6

    2,2

    Norden

    3.106

    4,8

    10,2

    Verkauf am Inlandsmarkt

    64.652

    99,9

    4,2

    Export

    66

    0,1

    -67,6

    Insgesamt

    64.718

    100,0

    3,9

    * vorläufige Angaben für 2024.Quelle: SNIC 2025

    Betonfertigung auf stabilem Wachstumskurs

    Pro Jahr liefert die Branche rund 45 Millionen Tonnen Beton und setzt etwa 6 Milliarden US$ um, berichtet der Branchenverband ABESC. Zu den großen Unternehmen gehören Cortesia Concreto, Valebeton, Concrebras (Cimento Itambé), Concreserv, Maxmohr, Ciplanentre und Polimix. Bei nahezu 40 Prozent der Produktion kamen 2023 digitale Technologien von Topcon zum Einsatz. Dies sparte Zement, CO2-Emissionen und Kosten. Seit 2020 bietet Topcon seine Software als Dienstleistung an und konnte seinen Umsatz seitdem mehr als verdreifachen.

    Aktuelle Wachstumsdaten stellt ABESC nicht zu Verfügung. Doch der steigende Verkauf von Fahrmischern belegt die Expansion. Im Jahr 2024 kamen rund 1.400 Fahrzeuge hinzu, 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Das belegt eine Studie von Sobratema, dem Technologieverband für Bauwirtschaft und Bergbau in Brasilien. Für 2025 erwartet Sobratema einen Verkaufszuwachs um 7 Prozent auf 1.500 Fahrmischer.

    Holzbau treibt die Marktdurchdringung stetig voran

    Brasilien verfügt über eine hochproduktive Forstwirtschaft. Doch bei der Verwendung von Holz in der Bauwirtschaft des Landes besteht noch viel Luft nach oben. Um den Einsatz zu steigern, bedarf es Überzeugungsarbeit. Impulse für den vermehrten Einsatz kommen von der im Juli 2023 in Kraft getretenen Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936. Für den Einsatz von Holz setzt sich auch der Verband ABWF (Associação Brasileira de Wood Frame) ein.

    Ein Vorreiter bei Holzbauweisen ist das Start-up Alea, eine Tochter des Baunternehmens Construtora Tenda. Die Produktionsanlage des Unternehmens für den Holzrahmenbau in Jaguariúna (São Paulo) ermöglicht den Bau von Häusern in einem Umkreis von bis zu 1.000 Kilometern und soll sich ab 2026 rentieren. Dabei setzt Alea auch auf die zunehmenden Bauaktivitäten im sozialen Wohnungsbau. Dadurch will das Unternehmen seine Produktionskapazität von 10.000 Einheiten pro Jahr auslasten.

    Auch Tecverde will den Markt günstiger Immobilien mit modularen Holzbausystemen erobern. Das brasilianische Jungunternehmen, das zum chilenischen Forstkonzern Arauco gehört, setzt auf deutsche Maschinen und ist offen für neue Investitionspartner.

    Der Baukonzern HTB (bis 2016 Hochtief do Brasil) der deutschen Zech-Gruppe entwickelte unter dem Namen "HTB eWOOD" ein modulares System für den Holzhybridbau. Dabei wird pro Kubikmeter Holz 1 Tonne CO2 gebunden. HTB erwartet jedoch, dass die verhaltene Konjunktur für Büroflächen das Marktwachstum bremst.

    Weitere Unternehmen, die den Holzbau und Holzhybridbau vorantreiben, sind Immergrün am Standort Araucária (Paraná), das Start-up Urbem mit Fabrik in Almirante Tamandaré (Paraná) und das Architekturbüro Noah Tech. Bei der Entwicklung neuer Lösungen für den brasilianischen Markt ist das Forschungszentrum Novo Arranjo de Pesquisa e Inovação (NAPI) in Guarapuava (Paraná) besonders aktiv.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Glas, Fliesen und Sanitär

    Steigende Produktionskosten und zunehmende Importe beeinträchtigen die Produktion in Brasilien.

    Nach dem deutlichen Rückgang in den Vorjahren hat sich die Basisglasproduktion in Brasilien zuletzt auf einem sehr niedrigen Niveau stabilisiert. Das Jahr 2024 war ein weiteres schwaches Jahr für die Glasindustrie. Steigende Produktionskosten erhöhen den Druck auf den Sektor, der sich ähnlich wie im Stahl- und Aluminiumbereich einem verstärkten Preiswettbewerb mit Billigimporten ausgesetzt sieht. Insbesondere der gestiegene Preis für in US-Dollar notierte Brennstoffe stellt eine Herausforderung dar. Zudem verteuert die geringe Auslastung der Fabriken die Produktion. 

    Für 2025 erwarten viele lokale Hersteller eine Verbesserung. Antidumpingtarife, die im Dezember 2024 in Kraft getreten sind, heizen die lokale Produktion wenigstens vorübergehend an. Bei der Nachfrage erwartet die Basisglasindustrie positive Impulse aus den Marktsegmenten Bauwirtschaft, Kfz-Industrie und Möbelfertigung. Ab dem 2. Halbjahr könnte die Nachfrage jedoch infolge der Zinssteigerungen abkühlen.

    Primärrohstoffe produzieren nur noch vier Unternehmen in Brasilien. Saint-Gobain schloss im März 2023 seine Glasfabrik in São Vicente (São Paulo). Damit entfällt eine Produktion von etwa 120 Tonnen pro Tag. Die landesweite Gesamtkapazität liegt nun bei 7.350 Tonnen pro Tag. Größter Produzent ist Cebrace mit einer Kapazität von 3.600 Tonnen pro Tag, gefolgt von AGC (1.450 Tonnen pro Tag), Guardian (1.400 Tonnen pro Tag) und Vivix (900 Tonnen pro Tag). Alle Fabriken verwenden das Floatglasverfahren. 

    Erwartungen und Aussichten sind vorsichtig optimistisch

    Energie, Vorprodukte und Maschinen für die Glasindustrie haben sich in den vergangenen Jahren dramatisch verteuert. Der Preis für Floatglas hat sich seit 2020 verdreifacht. Nach den höheren Materialkosten müssen die rund 550 glasverarbeitenden Unternehmen nun auch steigende Lohnkosten einkalkulieren. Die wachsenden Kosten schmälern die Gewinne der Glasverarbeiter und mindern die Investitionsbereitschaft. 

    Aus dem Fotovoltaikboom in Brasilien könnten sich Wachstumschancen für die lokale Glasindustrie ergeben. Darauf setzt das Basisglasunternehmen Vivix mit der geplanten Erweiterung seiner Fabrik in Goiania im nordöstlichen Bundesstaat Pernambuco. Allerdings hat Vivix die Investition vorerst aufgeschoben.

    Ab Juli 2025 sollen die Zolltarife auf Solarpanels von 9,6 auf 25 Prozent steigen. Allerdings kündigte bislang weder das brasilianische Unternehmen Sengi Solar noch die ebenfalls vor Ort produzierende chinesische BYD Investitionen in den Ausbau der Fertigung an. Auch das Aufkommen der organischen PV-Integration (OPV) trägt zur Belebung der Branche bei. So kommen transparente OPV-Folien bereits an den Glasfassaden verschiedener Unternehmenszentralen und Shoppingzentren zum Einsatz.

    Flachglasproduktion in Brasilien erlebt EinbruchUmsatz in Millionen US-Dollar, Absatz in Millionen Quadratmeter, Veränderung in Prozent
    Kategorie 1)

    Umsatz2) 2023 

    Reale Veränderung 2023/22

    Absatz 2023

    Veränderung 2023/22

    Vorgespanntes Einschichten-Sicherheitsglas

    731,9

    -10,1

    32,5

    0,5

    Verbundglas (laminiert)

    291,4

    -7,5

    7,5

    -6,6

    Spiegel

    173,7

    -15,3

    11,7

    -9,2

    Arbeitsplatten, gebogenes, verziertes und kantenbehandeltes Glas

    22,8

    -8,3

    2,8

    21,2

    Isolierglas

    49,4

    7,8

    0,4

    18,8

    Insgesamt

    1.269,1

    -9,7

    54,8

    -1,8

    1 ohne Kfz-Industrie; 2 umgerechnet zum Jahresdurchschnittskurs 2023: 1 US$ = 4,99 R$.Quelle: "Panorama 2024" von Branchenverband Abravidro 2025

    Verkauf von Keramikverkleidungen erholt sich leicht

    Brasiliens Hersteller von Keramikverkleidungen erlebten nach dem Rekordjahr 2021 zwei Jahre rückläufiger Absatzzahlen. Das Jahr 2024 brachte eine Wende. Für 2025 erwartet der Herstellerverband Anfacer eine Fortsetzung des positiven Trends, allerdings in abgeschwächter Form.

    Der Inlandsverkauf von Keramikverkleidungen legte im 1. Halbjahr 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,7 Prozent zu. Die Produktion stieg um 7,9 Prozent. Für das Gesamtjahr 2024 rechnete Anfacer mit einer Produktionssteigerung um 6 Prozent auf voraussichtlich 840 Millionen Quadratmeter. Davon entfallen etwa 52 Prozent auf Bodenfliesen, gefolgt von Feinsteinzeug (25 Prozent), Wandfliesen (21 Prozent) und Fassadenkeramik (2 Prozent). 

    Brasilien ist der weltweit drittgrößte Markt für Keramikverkleidungen, der drittgrößte Produzent nach China und Indien und der sechstgrößte Exporteur. Die landesweit 60 Hersteller betreiben insgesamt 80 Fabriken, führen 137 verschiedene Marken und beliefern über 110 Auslandsmärkte. Regional konzentriert sich die Produktion auf den Südosten und Süden Brasiliens. Bedeutendster Industriestandort ist die Region um Santa Gertrudes (São Paulo).

    Die Branche zeichnet sich durch hohe Produktivität und Qualität sowie moderne Technologien und Design aus. Auch im Bereich der Zertifizierung und Qualitätskontrolle ist die Branche fortschrittlich. Um die Kosten weiter zu senken, investieren die Hersteller in die Automatisierung von Prozessen und Maßnahmen zur Energieeffizienz.

    Nach der Chemieindustrie ist die Keramikindustrie der zweitgrößte Erdgaskonsument Brasiliens. Der stark gestiegene Erdgastarif setzt die Hersteller unter Druck. Um sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten, setzt die Branche auf Dekarbonisierung. Bis 2030 soll die Hälfte des Gasverbrauchs durch Biomethan ersetzt werden. Zehn Fabriken in Santa Gertrudes schlossen im März 2023 ein Abkommen mit der lokalen Zucker-Ethanol-Industrie, die Biomethan aus Reststoffen erzeugt. 

    Der Marktführer Portobello, die börsennotierte Dexco Gruppe und die mexikanische Gruppe LAMOSA, die in Brasilien unter den Markennamen Roca Cerámica und Incepa auftritt, investieren besonders intensiv. Dexco (vormals: Duratex; Handelsmarken Ceusa und Portinari) nahm im 1. Halbjahr 2024 eine neue Fabrik in Botucatu (São Paulo) in Betrieb.

    Hohe Informalität und Zersplitterung bei Keramikziegeln

    Brasiliens Ziegelstein- und Dachziegelindustrie ist stark fragmentiert. Nach Angaben des Branchenverbandes Anicer erwirtschaften rund 5.580 Unternehmen, oftmals kleine Familienbetriebe, einen Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden US-Dollar (US$). Die Informalität ist sehr hoch und nur wenige Unternehmen können Qualität nachweisen. Anfang 2022 verfügten nur 86 der über 4.000 Hersteller von Back- oder Ziegelsteinen und nur 25 der etwa 2.500 Produzenten von Dachziegeln über ein Qualitätszertifikat. Nur rund 200 Fabrikanten sind dem Industrieverband Anicer angeschlossen. Entsprechend schwierig gestaltet sich die Erhebung konjunktureller Daten.

    Überschaubare Herstellerlandschaft bei Sanitärprodukten

    Sanitärkeramik stellen in Brasilien laut dem Branchenverband Abceram nur zehn Unternehmen in landesweit 18 Betrieben her. Die dominierenden Player sind der Marktführer Deca und die spanische Firma Roca mit den Marken Celite, Companhia Sulamericana de Cerâmicas (CSC), Logasa und Incepa. Beide betreiben jeweils fünf Fabriken und bedienen zusammen über 65 Prozent des Marktes. Weitere Hersteller von Sanitärkeramik sind die Unternehmen Fiori (Tochter der US-Gruppe Kohler), Cerâmica Industrial de Taubaté (Hervy), Indústria Cerâmica Andradense (Icasa), Lorenzetti, Luzarte Estrela, Mari, Onix und Santa Clara.

    Außer den erwähnten fünf Fabriken für Sanitärkeramik verfügt Deca über zwei Werke für Metallbeschläge in São Paulo. Der sechstgrößte Hersteller weltweit produziert auch gezielt für Auslandsmärkte. Derzeit entwickelt die Tochter der Dexco Gruppe eine Linie für die Vereinigten Arabischen Emirate. Roca produziert in Brasilien in insgesamt neun Betrieben Sanitärkeramik sowie Keramikverkleidungen, Metallarmaturen und weitere Badausstattungen. Der brasilianische Hersteller Lorenzetti setzt auf Innovation und gewinnt an Bedeutung. Der Marktführer bei Duschen und Durchlauferhitzern verfügt landesweit über fünf Fabriken.

    Docol, nach Deca zweitgrößter Hersteller von Metallarmaturen und führender Exporteur, plant bis 2030 den Bau einer weiteren Keramikfabrik im Nordosten. Der Markt für Armaturen ist noch relativ zersplittert. Zu den rund 100 Produzenten gehören neben den großen Herstellern Deca, Docol, Roca, Eternit, Lorenzetti und Fabrimar auch viele Kleinunternehmen.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Kunststoffe, Türen und Fenster

    Die Hersteller von Kunststoffrohren erwarten Wachstum. Die Marktdurchdringung von PVC-Rahmen erfolgt dagegen nur nach und nach.

    Das globale Überangebot im Bereich Standard-Thermoplaste drückt den Weltmarktpreis und kurbelt die Importe in Brasilien an. Die Nachfrage nach den wichtigsten Kunststoffen Polypropylen (PP), Polyethylen (PE) und Polyvinylchlorid (PVC) ist 2024 um 16 Prozent auf 6,8 Millionen Tonnen gestiegen. Brasiliens Petrochemieindustrie kommt mit der Produktion nicht nach, und der Importanteil steigt. 

    Aufgrund der Notierung der Vorprodukte in US-Dollar und der starken Wechselkursschwankungen ist die Preisentwicklung stets eine Herausforderung für die Verarbeiter in Brasilien. Zum Schutz der heimischen Chemieindustrie erließ die Regierung 2024 Antidumpingzölle auf Kunststoffimporte – auch aus den USA. Die unvorhersehbare Preisentwicklung dürfte die plastikverarbeitende Industrie auch 2025 vor große Herausforderungen stellen.

    Rohrfabrikanten bereiten sich auf Wachstum der Wasserwirtschaft vor

    Die guten Aussichten für die Wasserwirtschaft animieren die Zulieferer in Brasilien. Voraussichtlich 500.000 Kilometer Rohrleitungen müssen bis 2033 verlegt werden, damit die Trinkwasserversorgung und Abwasseraufbereitung den gesetzlichen Vorgaben genügt. Auch Bewässerungssysteme in der Agrarwirtschaft und der Wohnungsbau werden zum Wachstum beitragen.

    Die drei führenden Hersteller für PVC-Rohre und -Verbindungen Tigre, Amanco Wavin (Tochter der Gruppe Mexichem) und Krona konnten ihren Umsatz in beiden Pandemiejahren zweistellig steigern und investierten. Auch Asperbras mit dem Fokus auf die Agrarwirtschaft erweiterte die Produktion und eröffnete im Oktober 2023 eine neue Fabrik in Penápolis (São Paulo).

    Weitere Hersteller von Rohren, Verbindungen, Deckenverkleidung sowie Tank- und Zisternensystemen aus PVC- und Faserverbundkunststoffen in Brasilien sind Corr Plastik, Plastilit, DVG Tubozan, MX Tubos, Multili und Fortlev, Brasiliens wichtigster Wassertankproduzent. 

    Metallrahmen bei Türen und Fenstern weiter vorrangig

    Anders als in Europa und den USA werden in Brasilien nur etwa 6 Prozent der Tür- und Fensterrahmen aus PVC gefertigt. Mehr als zwei Drittel der Marktnachfrage entfällt auf Rahmen aus Stahl und Aluminium. Holz verliert zunehmend an Bedeutung. Die Marktstruktur in den einzelnen Segmenten unterscheidet sich stark. Stahlrahmen werden hauptsächlich als Standardfenster und -türen angeboten. Hersteller von standardisierten Produkten sowie kleine Familienbetriebe, die Holzrahmen anfertigen, stellen auf Aluminium um. Die Markteinführung von PVC verläuft wesentlich zäher. Marktbeobachter erwarten jedoch eine zunehmende Bedeutung von PVC und hochwertigerer Fenster- und Fassadentechnologie.

    Laut Branchenverband AFEAL versorgen etwa 5.600 Unternehmen den wachsenden Markt für Aluminiumrahmen, der knapp 8 Millionen Einheiten im Jahr absetzt. Zu etwa 70 Prozent handelt es sich um Standardrahmen. Im Jahr 2023 wuchs der Markt für Aluminiumrahmen um 3,7 Prozent. Für 2024 und 2025 erwartet AFEAL ein höheres Wachstum. 

    Der Marktführer für Stahl- und Aluminiumrahmen Sasazaki betreibt in seiner Fabrik in Marília (São Paulo) eine eigene Produktionslinie für Bauunternehmen. Im Jahr 2024 meldete Sasazaki Zahlungsschwierigkeiten an. Weitere große Hersteller von Standardfenstern/-türen sind Alumasa, Atimaky, CRV, Gerotto, Metalúrgica HB, MGM, Grupo Ramassol, Ullian und Vitrolar. Die meisten sind dem Branchenverband für Standardrahmen "Associação Brasileira das Indústrias de Portas e Janelas Padronizadas" (Abraesp) angeschlossen. 

    Aufwendige Überzeugungsarbeit für PVC-Rahmen

    Wachstumspotenzial für PVC-Rahmen eröffnen insbesondere Luxushäuser in den Küstenregionen und Gebäudefassaden. Brasiliens Normierungsbehörde ABNT wird die Norm NBR 15.575 über akustische und isolationstechnische Eigenschaften von Wohngebäuden möglicherweise im Jahr 2026 überarbeiten. Derzeit sind Hersteller von Fenster- und Türrahmen nur dazu verpflichtet, ihre Produkte auf Schallisolierung zu prüfen und mit einem Prüfsiegel zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung der thermischen Isolierfähigkeit ist den Unternehmen überlassen. Im Kalkül der Brasilianer überwiegen oft kurzfristige Preisvorteile, so dass die Isolierung in der Regel zu kurz kommt.

    Immerhin nehmen die Vorkenntnisse über die Fertigung und die Vermarktung von PVC-Rahmen zu. Laut dem Branchenverband ASPEC PVC bedienen mittlerweile etwa 500 Montageunternehmen den brasilianischen Markt für PVC-Rahmen. Zu den größten Unternehmen zählen die deutschen Hersteller Veka und Profine GmbH (Handelsmarke Kömmerling), der belgische Fabrikant Deceuninck und die brasilianischen Hersteller Bazze, Weiku und Esaf Claris der Gruppe Ibrap. Auch der deutsche Systemanbieter Schüco ist auf dem Markt vertreten. 

    Deceuninck expandiert in den Nordosten. Nach der Erweiterung des Vertriebszentrums in Cotia (São Paulo) errichtet der Hersteller nun ein Vertriebszentrum im Staat Paraíba. In einer zweiten Phase soll eine Fabrik hinzukommen. Profine, Veka und Rehau bauen ihr Vertriebsnetz über spezialisierte lokale Vertriebspartner aus. Die Hersteller der DACH-Region importieren die PVC-Profile, die in Brasilien weiterverarbeitet oder über Montagefirmen vertrieben werden. Ein lokaler Hersteller von PVC-Rahmen und Profilen ist Weiku. Der bedeutendste brasilianische Hersteller von PVC-Fenstern und -Türen Claris wurde 2020 von der Gruppe Ibrap übernommen.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Bauchemikalien und -isolationsmaterialien

    Positive Absatzaussichten animieren die Bauchemiehersteller zu Investitionen. Brasiliens Markt für Dämmstoffe wächst mit dem Aufkommen des Skelettbaus.

    Die Nachfrage nach Mörtel, Zusatzstoffen sowie Kleb- und Dichtstoffen entwickelte sich in den vergangenen Jahren ähnlich wie der Zementabsatz. Bautenanstrichmittel dagegen verzeichneten zuletzt ein deutliches Wachstum. Der Verkauf von Immobilienfarben, der etwa 75 Prozent des Segments ausmacht, wuchs 2023 um 3,6 Prozent und 2024 um 5,9 Prozent auf 1,5 Milliarden Liter. Der Großteil der Anstrichmittel dient der Renovierung. Neubauten machen nur ein Viertel des Marktvolumens aus. Für das Jahr 2025 erwartet der Verband der Farbhersteller Abrafati ein Wachstum zwischen 2,5 und 3,0 Prozent. 

    Brasiliens Bauchemiehersteller erweitern ihr Angebot an Produkten stetig und steigern die Wertschöpfung, insbesondere im Bereich Mörtel, Betonfertigteile und Gips. Aber auch die Segmente Klebstoffe, Dichtstoffe und andere chemische Lösungen für die Bauindustrie bieten gute Aussichten und ziehen weiterhin Investoren an. Aspekte der Nachhaltigkeit und Gesundheitsverträglichkeit rücken allerdings nur sehr verhalten in den Fokus der Verbraucher.

    Marktkonsolidierung schreitet voran

    BASF verkaufte im Februar 2025 sein weltweit einziges B2B-Geschäft Suvinil an den US-amerikanischen Konkurrenten Sherwin-Williams. Brasiliens Wettbewerbsaufsicht Cade muss den Verkauf noch genehmigen. Sherwin-Williams würde dadurch seinen Anteil am brasilianischen Markt von bislang 6 auf 42 Prozent ausbauen. 

    Ausländische Unternehmen nutzten in den vergangenen Jahren die drastische Abwertung der brasilianischen Währung, um sich in Brasilien zu verstärken – darunter der französische Konzern Saint-Gobain, der deutsche Hersteller MC Bauchemie, der niederländische Spezialchemiekonzern Nouryon (vormals Akzo Nobel Specialty Chemicals), das Schweizer Chemieunternehmen Sika, das Unternehmen Bostik der französischen Gruppe Arkema, der italienische Mörtelproduzent Fassa Bortolo und der irische Dämmplattenhersteller Kingspan.

    Saint-Gobain bedient den Markt über die Marken Brasilit, Quartzolit, Brasprefer, Sekurit, Placo, Matchem, Isover und Ecophon, und investiert fortwährend – auch in die Handelsketten Telhanorte und Tumelero, die seit 2023 zum Verkauf stehen. 

    Brasilianische Hersteller entwickeln neue Produkte

    Brasiliens Stahlkonzern Gerdau ist in den Markt für Bauzusätze eingestiegen. Die im April 2021 gegründete Tochter Gerdau Graphene entwickelt Zusätze für korrosionsfeste Farben und Lacke und errichtete eine Produktionsanlage in Ouro Branco im Staat Minas Gerais. 

    Brasiliens Marktführer für Isolieranstrich Vedacit treibt Innovationen über Start-ups voran und rief mit "Vedacit Labs" 2018 das landesweit erste Programm für Open Innovation im Bausektor ins Leben. Auch Vedacit-Konkurrent Dryko, der auch zu den führenden Herstellern von Kleb- und Dichtstoffen in Brasilien gehört, und Camargo Química setzen auf Innovation und erweitern ihr Portfolio zur Bauwerksabdichtung. Grupo Flexível entwickelt neue Klebstoffe, Dichtstoffe und Abdichtungen aus Polyurethan.

    Wachstumsimpulse bei Bauisolationsmaterialien durch den Skelettbau 

    Das Aufkommen von Steel Frame- und Wood Frame-Bauweisen treibt den Absatz von Isolationsmaterialien voran. Laut dem Branchenverband Associação Brasileira da Construção Metálica (ABCEM) gewann die Stahlbauweise zwischen 2019 und 2022 stark an Bedeutung. Mit der Norm NBR 16.970 legte Brasiliens Normierungsbehörde ABNT im Mai 2022 erstmals einen Rechtsrahmen für den Stahlleichtbau fest. Daraufhin beobachtete der Verband allein für das Jahr 2023 ein Wachstum des Light Steel Frame um 27,7 Prozent. Für 2024 rechnet ABCEM mit einem Zuwachs von 7,2 Prozent. Bis 2027 soll das Segment von Jahr zu Jahr um 5 bis 7 Prozent zulegen. Die Gruppe Innova Steel erwartet 2025 ein Wachstum von 50 Prozent. 

    Im Juli 2023 trat die Norm für den Holzrahmenbau NBR 16.936 in Kraft. Damit steht ein staatlich anerkannter Standard fest. Doch die Marktdurchdringung der Baulösung "WoodFrame" stockt – möglicherweise aus kulturellen Gründen. Hierzu zählen insbesondere Vorbehalte bezüglich der Widerstandsfähigkeit der Häuser gegenüber holzzerstörenden Insekten.

    Mit der Aktualisierung der Norm ABNT NBR 15.575 haben sich die Anforderungen an die Schallisolierung von Wohneinheiten bereits seit 2013 erhöht. Seit März 2019 gelten neue Brandschutzauflagen für Bauisolationsmaterialien. Daher dürften mineralische Faserdämmstoffe wie Glaswolle und Steinwolle sowie Isopor und Bauschaum im Neubau sowie bei Renovierungen zunehmend genutzt werden.

    Wenige Hersteller teilen sich den Markt

    Saint-Gobain baut seine Position als Marktführer für Dämmmaterialien aus. Der französische Konzern erwarb im Februar 2023 den argentinischen Mineralwolle-Fabrikanten Térmica San Luis. Mit der Marke ISOVER ist Saint-Gobain Brasiliens wichtigster Anbieter von Glaswolle. Kingspan Isoeste betreibt fünf Fabriken für Dämmsysteme in Brasilien und kündigte im April 2024 den Bau einer weiteren Fabrik an. Das Unternehmen sieht ein immenses Potenzial, da bislang lediglich 2 Prozent der Dächer wärmeisoliert sind.

    Auch Soprema investiert. Der französische Komplettanbieter von Dämmsystemen übernahm zunächst Denver Impermeabilizantes, im Jahr 2022 Rockfibras und im April 2024 die Unternehmen Pulvitec (Kleb- und Dichtstoffe) und Polipox (Epoxidharze und Polyurethan). Weitere Anbieter von Lösungen zur Bauisolierung sind Acital, Trisoft, Ambi und Vibrasom.

    Aufgrund der natürlichen Vorkommen von Gips konzentriert sich die Produktion von Gipskarton auf den Nordosten Brasiliens. Ab Mitte 2024 kündigten drei der vier lokalen Drywall-Hersteller den Ausbau der Produktion an. Die deutsche Gruppe Knauf investiert 74 Millionen US-Dollar in Camaçari (Bahia). Der brasilianische Hersteller Trevo baut seine Fabrik in Juazeiro do Norte (Ceará) aus. Placo der Saint-Gobain-Gruppe erweitert seine Produktion um 75 Prozent und investiert in Mogi das Cruzes (São Paulo) und in Feira de Santana (Bahia). Gypsum der belgischen Gruppe Etex machte keine Ankündigung.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Zulieferprodukte: Gebäudetechnik

    Der brasilianische Markt für Klimaanlagen und Sicherheitstechnik bietet ein konstant hohes Wachstum. 

    Das Jahr 2024 in Brasilien war geprägt von anhaltenden Hitzewellen. Die niedrige Arbeitslosigkeit, steigende Reallöhne und zusätzliche Kreditoptionen ermöglichten vielen Haushalten den Erwerb von Klimaanlagen. Nach Daten des Branchenverbands Abrava stieg der Umsatz mit Klima-, Belüftungs-, Heiz- und Kühlanlagen 2024 um 16,5 Prozent auf 8,4 Milliarden US-Dollar (US$). Für 2025 erwartet Abrava ein ähnlich hohes Wachstum um voraussichtlich 15,5 Prozent. 

    Aufgrund steuerlicher Anreize konzentriert sich die Produktion von Klimageräten auf die Freihandelszone Manaus im Bundesstaat Amazonas. Bel Micro und Friovix, zwei Händler aus Minas Gerais, investieren in eigene Montageanlagen in Manaus. Nur ein geringer Anteil der Klimageräte wird importiert.

    Marktführer ist der Konzern LG, der wie der ebenfalls aus Südkorea stammende Konkurrent Samsung stark in KI und Energieeffizienz investiert. Zu den bedeutendsten Anbietern von Split-Geräten (zweiteilige Klimaanlagen) gehören zudem der US-Konzern Whirlpool mit der Marke Consul, der US-Hersteller Philco, der schwedische Haushaltsgeräteproduzent Electrolux, die brasilianischen Unternehmen SEMP TCL, Agratto und Elgin, die chinesischen Hersteller Gree und Midea sowie die japanischen Unternehmen Fujitsu und Daikin.

    Insgesamt verfügt lediglich ein Fünftel der Haushalte in Brasilien über eine Klimaanlage. Der Absatz von Split-Klimageräten boomt. Die lauten und ineffizienten Fensterklimageräte, für die Brasilien nach den USA und Indien der drittgrößte Markt weltweit ist, verlieren stark an Bedeutung. Auf sie entfällt nur noch ein Bruchteil der Neugeräte. Heiztechnik ist in Brasilien so gut wie kein Thema. Selbst im kälteren Süden besteht weiterhin nur wenig Interesse.

    Energieeffizienz gewinnt an Stellenwert

    Aufgrund der hohen und weiter steigenden Strompreise ziehen immer mehr Käufer energieeffiziente Technologien wie Inverter bei Kühlprozessen vor. In Bezug auf die thermische Isolierung von Immobilien ist die Entwicklung jedoch deutlich langsamer. Dabei entfällt etwa die Hälfte des Stromverbrauchs in Brasilien auf Gebäude.

    Über verschiedene Initiativen wird Energieeffizienz in Gebäuden gefördert. Das "Programa Brasileiro de Etiquetagem em Eficiência Energética" (PBE Edifica) schreibt für alle öffentlichen Gebäude eine Zertifizierung vor. Für Büro- und Geschäftsgebäude sowie AAA-Logistikhallen gehört die LEED-Zertifizierung des U.S. Green Building Council bereits zum Standard. In der Regel werden hier jedoch nur die Mindestanforderungen erfüllt. Potenzial zur Einsparung von Energie besteht daher auch bei zertifizierten Gebäuden. 

    Gebäudesicherheitstechnik verzeichnet stets hohen Zuwachs

    Überwachungstechnik zur Gebäudesicherheit ist aufgrund der hohen Kriminalität sehr gefragt. Landesweit kommen elektronische Zugangssysteme und Überwachungseinrichtungen in einem Drittel aller Wohnungen zum Einsatz. Unternehmen und Luxuswohnanlagen leisten sich auch besonders hochwertige und innovative Sicherheitssysteme. Rund 78 Prozent aller Unternehmen gaben im November 2024 an, in diesem Jahr stärker in Sicherheitstechnologie investieren zu wollen.

    Laut dem Verband für elektronische Überwachung Abese, dem 33.500 Unternehmen angeschlossen sind, legt der Branchenumsatz gemessen in der Landeswährung konstant zweistellig zu, und wuchs 2023 um 14 Prozent auf umgerechnet rund 2,4 Milliarden US$. Im Trend liegen Systeme zur Gesichtserkennung. Angeregt wird die Nachfrage durch künstliche Intelligenz (KI) und die Automatisierung von Prozessen. Etwa 73,2 Prozent der zentralen Überwachungssysteme in Brasilien setzen bereits KI ein.

    Neue Player bringen chinesische Technologie nach Brasilien

    Im Januar 2025 trat der chinesische Videoüberwachungshersteller Tiandy in den brasilianischen Markt ein. Dahua schloss im Juni 2024 eine Vertriebspartnerschaft mit WDC Networks. Der chinesische Weltmarktführer Hikvision ist bereits seit 2016 im Land vertreten. 

    Brasiliens Marktführer ist nach wie vor Intelbras. Mit zinsgünstiger Finanzierung über die Entwicklungsbank BNDES investiert der brasilianische Konzern intensiv in Forschung und Entwicklung. Der Konzern betreibt landesweit sechs Fabriken, exportiert in über 20 Länder und erweitert seine Produktionskapazitäten. Weitere bedeutende Anbieter von Überwachungstechnik sind Giga Security der brasilianischen Gruppe Multilaser, Johnson Controls, PPA, Minha Portaria, DSI CCTV, TecVoz, JFL Alarmes und Bycon.

    Hausautomatisierungstechnik kommt auf

    Mess-, Regel- und Steuerungstechnik im Gebäudebereich wächst, angetrieben durch sinkende Preise und vereinfachte Anwendungen. Landesweit verfügen mittlerweile 16 Prozent, also etwa 11,6 Millionen Haushalte über wenigstens eine Smart-Home-Anwendung. Das ergab eine Erhebung des Statistikamtes IBGE. Oftmals handelt es sich jedoch um eine sehr limitierte Ausstattung über einfache Smart Speaker. Doch das Interesse an der Automatisierung, insbesondere von Überwachung, Beleuchtung und Akustik, wächst immens. 

    Alexa, die digitale Assistentin von Amazon, ist mit etwa 17 Millionen Geräten in Brasilien vernetzt. Der brasilianische Markt umfasst über 800 verschiedene Modelle von Fabrikanten wie Elgin, Geonav, Intelbras, Multi, Philips Hue, Positivo, Samsung, Steck und anderen. 

    Das höchste Nachfragewachstum bei Gebäudetechnik versprechen Lösungen zur Verbesserung der Energieeffizienz vorwiegend in Wohnkomplexen, Sicherheitstechnik (inklusive Brandschutz) und Anwendungen für ältere und behinderte Menschen. Eines der größten Hindernisse für eine Belebung des Marktes sieht der Verband für Hausautomatisierungstechnik Aureside im Fachkräftemangel.

    Von Gloria Rose | São Paulo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    AHK Brasilien Anlaufstelle für deutsche Unternehmen in São Paulo, Rio de Janeiro und Porto Alegre
    VDMA BrasilVDMA Verbindungsbüro in São Paulo
    Novo PAC - Casa CivilInvestitionsprogramm PAC des Ministeriums für zivile Angelegenheiten
    Programa de Parcerias de Investimentos (PPI)Konzessionierungs- und Privatisierungsprogramm der Regierung
    Câmara Brasileira da Industria da Construção (CBIC) Kammer der Bauwirtschaft
    AbramatVerband der Baustoffhersteller
    Secovi-SPVerband der Immobiliengesellschaften São Paulos
    Sinduscon SPBauverband im Bundesstaat São Paulo
    Observatório da Construção da Federação das Indústrias do Estado de São Paulo - FIESPMarktbeobachtung Bauwirtschaft des Industrieverbandes des Bundesstaates São Paulo
    Sobratema - Associação Brasileira de Tecnologia para Construção e MineraçãoVerband der Bau- und Bergbautechnologie
    Revista O EmpreiteiroFachzeitschrift über Ingenieurswesen, Tiefbau und Industriebau
    Grandes ConstruçõesBranchenzeitschrift und Portal
    Portal AECwebPortal, Zeitschrift und Netzwerk von Unternehmen, Fachkräften und Bauprojekten
    Feicon BatimatMesse für Bauwirtschaft und Architektur, São Paulo Expo, 08.-11.04.2025
    ENICS (Encontro Nacional de Inovação na Construção a Seco)Treffen für Innovation im Trockenbau, Expocenter Norte São Paulo, 24.-25.04.2025
    BIM Forum ConferenceKonferenz für virtuelle Bauwerksdatenmodelle, Distrito Anhembi São Paulo, 21.-22.05.2025
    M&T ExpoInternationale Messe für Baumaschinen, São Paulo Expo, 16.-19.11.2027
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